Verborgene Regionen in Genomen finden
Erst im März dieses Jahr hat das Institut für Medizinische Genetik und Angewandte Genomik am Universitätsklinikum Tübingen vom Land Baden-Württemberg im Rahmen des BEGIN Programms 1,1 Millionen Euro eingeworben, um die Erstellung neuer Referenzgenome (Referenzdatenbanken) voranzutreiben. Ziel ist, das gesamte Genom einschließlich der schwer zu analysierenden Regionen, den sogenannten „Dark Regions of the Genome“, zu entschlüsseln. Dafür ist eine völlig neue Technologie erforderlich, die prinzipiell ganze Chromosomen in einem Stück sequenzieren kann. Die Arbeitsgruppe um Prof. Olaf Rieß und Prof. Stephan Ossowski wird hierfür das Erbgut von mindestens zehn Personen deutscher und zehn Personen afrikanischer Herkunft sequenzieren, um auch die große Variabilität der DNA-Sequenzen mit zu berücksichtigen.Versteckte Krankheitsgene
In den „Dark Regions of the Genome“ werden weitere Gene vermutet, die ursächlich für genetisch bedingte Erkrankungen sind. Deshalb konzentriert sich das Team des Tübinger Universitätsklinikums auf die Anwendung der neuen Sequenzierungsmöglichkeiten in diesen Gebieten. Im vergangenen Jahr wurde am Tübinger Institut erstmals in Europa die Anwendung im klinischen Diagnostikprozess akkreditiert. Die diagnostische Anwendung der Long Read Technologie wird im größeren Maßstab in der nationalen „Clinical Long-Read Genome Initiative“ (lonGER) systematisch untersucht.Biomarker für die Diagnostik genetischer Erkrankungen
Mit der neuen Technologie kann zudem die DNA-Modifikation (z.B. die Methylierung der DNA) analysiert werden. Dieses sogenannte Epigenom kann sehr variabel bspw. auf Medikamenteneinnahmen, Ernährung und Krankheiten reagieren, was die DNA-Methylierung zu einem Biomarker für die Diagnostik von genetischen Krankheiten und Krebs macht. Es sind zahlreiche Erkrankungen bekannt, die durch epigenetische Veränderungen verursacht werden können. Deshalb werden verstärkt Medikamente entwickelt, die lokale epigenetische Merkmale beeinflussen sollen. Referenzdaten des Epigenoms sind daher extrem wichtig, weshalb im Rahmen der Baden-Württemberg-Förderung 400 eineiige Zwillinge mittels Long-Read Technologie zur Ermittlung der Stabilität des Epigenoms sequenziert werden sollen.Den ganzen Artikel finden Sie hier.
https://idw-online.de/de/news832835
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e. V. / Universitätsklinikum Tübingen (04/2024)
Publikation:
A GGC-repeat expansion in ZFHX3 encoding polyglycine causes spinocerebellar ataxia type 4 and impairs autophagy / doi 10.1038/s41588-024-01719-5