Wenn Fruchtfliegen feiern, dann richtig: Ihr Lebensraum ist vergärendes Obst – und sie haben damit eine dauerhafte Happy Hour. Während Menschen den Begriff „Hangover“ mit den unangenehmen Folgen einer durchzechten Nacht verbinden, benötigen die Insekten das gleichnamige Protein, um einen Kater zu vermeiden. Ohne dieses Protein verlieren sie unter Alkoholeinfluss rasch das Gleichgewicht und sind nicht in der Lage, eine Toleranz gegenüber dem Stoff zu entwickeln. Bisher war die genaue Wirkweise dieses ungewöhnlich benannten Moleküls im Körper der Fliege weitgehend ungeklärt. In einer aktuellen Publikation gehen nun Marburger Biolog*innen um die Forscher Jonathan Lenz und Alexander Brehm der Rolle von „Hangover“ detailliert auf den Grund.
Hangover steuert die Genaktivität
Das Team hat entschlüsselt, dass das Protein Hangover die Genaktivität über direkte Eingriffe in epigenetische Prozesse steuert. Die Forschenden konnten erstmals nachweisen, dass Hangover bestimmt, welche Gene aktiviert oder gedrosselt werden. Es bindet an eine Vielzahl von Genen und interagiert mit zahlreichen weiteren Regulatoren. Diese Entdeckung macht deutlich, dass die Alkoholtoleranz der Fruchtfliege auf weitaus komplexeren und fein abgestimmten Genprogrammen basiert, als die Wissenschaft bislang angenommen hatte.
In ihrer Studie setzten die Wissenschaftler moderne genomische und proteomische Verfahren an einer Drosophila-Zelllinie ein. Damit können sie die Funktionsweise von Hangover präzise analysieren. Dabei konnten sie genau nachvollziehen, an welchen Stellen im Erbgut das Protein bindet, wie es die Genaktivität beeinflusst und mit welchen Partnern es dabei zusammenwirkt. Die Ergebnisse unterstreichen die zentrale Bedeutung epigenetischer Steuerprozesse für die Alkoholtoleranz, was über die Fruchtfliege hinaus auch für andere Organismen relevant sein könnte. Kommende Untersuchungen sollen nun klären, wie diese Mechanismen im lebenden Tier koordiniert werden und welche weiteren molekularen Aufgaben das Protein übernimmt.
Quelle
Philipps-Universität Marburg (12/2025)
Publikation
Hangover regulates gene expression by limiting NSL-mediated H4K16 acetylation
https://doi.org/10.1093/nar/gkaf1349