Ein Forschungsteam unter der Leitung von Markus Koch vom Institut für Experimentalphysik der TU Graz hat einen Durchbruch erzielt: Es ist ihnen erstmals gelungen, die Bildung von Atomclustern und die damit verbundenen Prozesse in Echtzeit zu verfolgen. Um dies zu erreichen, isolierten die Forschenden zunächst Magnesiumatome in suprafluidem Helium. Anschließend regten sie diese Atome mit einem Laserpuls dazu an, sich miteinander zu verbinden. Die Clusterbildung und den Energietransfer zwischen den einzelnen Atomen konnten sie dabei mit einer Femtosekunden-Auflösung beobachten.
„Nanokühlschrank“ bringt Atome in die Startposition
„Normalerweise gehen Magnesiumatome augenblicklich Bindungen miteinander ein, wodurch ein stabiler Ausgangspunkt für die genaue Bobachtung der Prozesse fehlt“, erklärt Markus Koch. Die Forschenden lösten das bei der Echtzeitbeobachtung chemischer Prozesse häufig auftretende Problem, indem sie Experimente mit suprafluiden Heliumtröpfchen durchführten. Diese Tröpfchen fungierten als ultrakalte „Nanokühlschränke“, die die einzelnen Magnesiumatome bei extrem tiefen Temperaturen von 0,4 Kelvin (das entspricht -272,75 Grad Celsius oder 0,4 Grad Celsius über dem absoluten Nullpunkt) im Abstand von nur einem Millionstel Millimeter voneinander isolierten. „Dieser Zustand erlaubte es uns, die Clusterbildung durch einen Laserpuls gezielt zu starten und in Echtzeit genau zu verfolgen“, erklärt Michael Stadlhofer, der die Experimente im Rahmen seiner Doktorarbeit durchführte.
Femtosekunden-Spektroskopie macht chemische Prozesse sichtbar
Mithilfe der Photoelektronen- und Photoionenspektroskopie beobachteten die Forschenden die durch den Laserpuls ausgelösten Prozesse. Während sich die Magnesiumatome zu einem Cluster verbanden, wurden sie mit einem zweiten Laserpuls ionisiert. Anhand der dabei gebildeten Ionen und freigesetzten Elektronen konnten Markus Koch und seine Kollegen die involvierten Prozesse detailliert rekonstruieren.
Atome bündeln ihre Energie
Eine zentrale Entdeckung dabei ist das sogenannte „Energy Pooling“: Während sich die Magnesiumatome aneinanderbinden, geben mehrere von ihnen die durch den ersten Laserpuls aufgenommene Anregungsenergie an ein einzelnes Atom im Cluster weiter. Dadurch erreicht dieses Atom einen wesentlich höheren Energiezustand. Dieses „Energie-Bündeln“ konnte somit erstmals zeitaufgelöst nachgewiesen werden.
Grundlagenforschung mit Anwendungspotenzial
„Wir hoffen, dass diese atomare Separierung in den Heliumtröpfchen auch für eine größere Klasse von Elementen funktioniert und so zu einer allgemein anwendbaren Methode in der Grundlagenforschung wird“, sagt Markus Koch. „Zudem könnten die Erkenntnisse über das Energy Pooling für hochenergetische Prozesse in verschiedenen Anwendungsbereichen relevant sein, etwa in der Photomedizin oder bei der Nutzbarmachung von Sonnenenergie.“
Quelle:
Technische Universität Graz (06/2025)
Publikation
Real-time tracking of energy flow in cluster formation
Autoren: Michael Stadlhofer, Bernhard Thaler, Pascal Heim, Josef Tiggesbäumker, Markus Koch.
In: Communications Chemistry, 2025
DOI: https://doi.org/10.1038/s42004-025-01563-6