Wie Aminosäuren in Pflanzen transportiert werden

27. August 2025

Pflanzen sind für den Menschen ein essenzieller Lieferant von Aminosäuren, den Grundbausteinen von Proteinen. Anders als der Mensch, der einige „essenzielle“ Aminosäuren über die Nahrung aufnehmen muss, können Pflanzen alle 20 proteinogenen Aminosäuren selbst herstellen. Die Produktion dieser wichtigen Moleküle findet jedoch nicht überall in der Pflanze statt, sondern in speziellen Zellorganellen, den sogenannten Plastiden. Dazu gehören auch die Chloroplasten, in denen die Photosynthese abläuft. Bisher war unklar, wie die dort produzierten Aminosäuren im gesamten Organismus verteilt werden.

Forschende entschlüsseln Aminosäuren-Transport

Ein Forschungsteam der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) unter der Leitung von Professor Dr. Andreas P. M. Weber hat nun diesen Transportmechanismus entschlüsselt. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass eine bestimmte Klasse von Transportproteinen, genannt RETICULATA1 (kurz RE1), dafür verantwortlich ist, die Aminosäuren durch die Hüllmembran der Chloroplasten zu schleusen. So können diese wichtigen Nährstoffe effizient in der ganzen Pflanze verteilt werden. Diese Erkenntnisse könnten zukünftig dazu beitragen, Nutzpflanzen mit einem höheren Nährwert zu züchten, indem man den Gehalt an essenziellen Aminosäuren wie Lysin und Arginin erhöht.

Prof. Weber: „Die molekulare Funktion von RE1 war jahrzehntelang ein Rätsel. Es war aber bekannt, dass die Blätter der Modellpflanze Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand) auffällig wachsen, wenn das zugehörige Gen mutiert ist. Wir zeigen nun, dass RE1 ein spezialisierter Transporter für basische Aminosäuren wie Arginin, Citrullin, Ornithin und Lysin ist.“

Pflanzen, denen RE1 fehlt, weisen nicht nur die charakteristische „retikulierte“ Blattform auf. Sie enthalten auch nur geringe Mengen basischer Aminosäuren in ihren Blättern und Chloroplasten. Erstautorin Dr. Franziska Kuhnert: „Dies deutet darauf hin, dass die Aminosäureverteilung in der Pflanze gestört ist. Fehlt RE1 und sein engster Verwandten RER1 vollständig, ist dies für die Pflanze sogar tödlich. Dies unterstreicht die essenzielle Rolle dieser Proteine.“

RE1-Protein: Ein evolutionärer Schlüssel für Pflanzen

Zudem stellte das Forschungsteam fest, dass bei Pflanzen, denen das RE1-Protein fehlt, die Produktion basischer Aminosäuren verringert ist. Dies beeinträchtigt auch das Gleichgewicht der Aminosäurekonzentrationen zwischen den Plastiden und dem Zytosol, der Zellflüssigkeit. Kuhnert: „RE1 und verwandte Proteine sind ausschließlich in Organismen zu finden, die Plastiden enthalten. Da alle Pflanzen und auch die photosynthesetreibenden Algen RE-Proteine besitzen, müssen diese Proteine evolutionär alt sein und aus einer Ära stammen, in der die Plastiden durch ‚Endosymbiose‘ – die Aufnahme von ehemals eigenständigen Zellen in andere Zellen – entstanden sind. Möglicherweise war RE1 wichtig bei dieser evolutionären Entwicklung der Pflanzen.“

„Unsere Ergebnisse liefern entscheidende Einblicke in die komplexe Verbindung zwischen dem Transport von Aminosäuren in die Plastiden und der Blattentwicklung sowie der Nährstoffverteilung in Pflanzen“, fasst Weber zusammen und fügt hinzu: „Hieraus eröffnen sich neue Perspektiven für die Pflanzenzüchtung, indem Nutzpflanzen entwickelt werden, die einen höheren Gehalt an essentiellen Aminosäuren haben. Dadurch kann ein Beitrag zur globalen Ernährungssicherheit geleistet werden.“

Quelle

Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (08/2025)

Publikation

Franziska Kuhnert, Philipp Westhoff, Vanessa Valencia, Stephan Krüger, Karolina Vogel, Peter K. Lundquist, Christian Rosar, Tatjana Goss, and Andreas P. M. Weber. RETICULATA1 is a Plastid-Localized Basic Amino Acid Transporter. Nature Plants (2025)
DOI: 10.1038/s41477-025-02080-z
https://www.nature.com/articles/s41477-025-02080-z

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