Forschende am Max-Planck-Institut für Polymerforschung haben grundlegende Annahmen über das Verhalten von Wasser in atomar kleinen Räumen widerlegt. Mit spektroskopischen Methoden und Simulationen untersuchten sie Wasser, das auf wenige Molekülschichten beschränkt war. Das Team um Mischa Bonn stellte fest, dass die Wasserstruktur bemerkenswert „normal“ bleibt. Erst wenn der Raum auf unter einen Nanometer – eine deutlich dünnere Schicht als bisher angenommen – begrenzt wird, ändert sich das Verhalten des Wassers.
Die Herausforderung: Nur wenige Wasserschichten untersuchen
Die Erforschung der Struktur einer Wasserschicht, die nur wenige Moleküle dick ist, gilt als große wissenschaftliche Herausforderung. Das Forschungsteam um Mischa Bonn am Max-Planck-Institut für Polymerforschung entwickelte zu diesem Zweck ein nanoskaliges Kapillargerät. Sie schlossen Wasser zwischen einer einzelnen Schicht Graphen und einem Calciumfluorid-Substrat (CaF₂) ein. Um die mikroskopische Struktur des Wassers zu erfassen, nutzten sie die modernste oberflächenspezifische Vibrationsspektroskopie. Dadurch konnten sie die Ausrichtung und die Wasserstoffbrückenbindungen der Wassermoleküle sichtbar machen.
Das Team stellte überrascht fest, dass selbst bei einer Begrenzung auf nur drei Moleküllagen – ein Raum, der kaum breiter ist als die Moleküle selbst – das Wasser in der Mitte noch Eigenschaften von normalem „Bulk“-Wasser aufweist. Lediglich die Grenzflächen, bestimmt durch die Graphenschicht und das CaF₂-Substrat, beeinflussten die Anordnung und das Verhalten der Wassermoleküle maßgeblich. Erst bei einer Dicke von weniger als zwei Moleküllagen, also bei einer echten Angström-Dimension, begann die räumliche Begrenzung, die Wasserstruktur grundlegend zu verändern. Diese spektroskopischen Ergebnisse wurden durch Simulationen bestätigt, die auf maschinellem Lernen basieren.
„Diese Forschung verändert unsere Sicht auf eingeschlossenes Wasser“, erklärt Erstautor Yongkang Wang. „Unsere Ergebnisse sind für viele praktische Anwendungen relevant – etwa bei Wasser in Nano-Kanälen, Membranen oder zwischen Schichten von Materialien – wo die Oberflächen die Eigenschaften des Wassers bestimmen, nicht die räumliche Begrenzung an sich, außer bei extrem dünnen Schichten im molekularen Maßstab.“
Große Bedeutung für Technik, Biologie und Materialforschung
Diese Forschungsergebnisse haben weitreichende Auswirkungen auf die Nanofluidik, Geologie, Biologie und Materialforschung. Sie zeigen, dass das Verhalten von nanobegrenztem Wasser – in natürlichen Umgebungen wie der Erde oder in technischen Anwendungen wie Membranen, nanofluidischen Schaltkreisen und biologischen Poren – in erster Linie durch Oberflächeneffekte bestimmt wird, selbst unter starker Einschränkung. Nur wenn die Wasserschicht dünner als ein Nanometer ist, ändern sich die physikalischen Gesetze grundlegend.
Ein neuer Maßstab für die Wasserforschung
„Unsere Ergebnisse setzen einen neuen Maßstab“, sagte Letztautor Yuki Nagata. „Wer mit sogenanntem ‘nanobegrenztem Wasser’ arbeitet, sollte wissen: Es ist die Oberflächenchemie – nicht nur die Geometrie – die seine Eigenschaften bestimmt, es sei denn, die Begrenzung erreicht die äußerste Grenze.“
Die gezielte Untersuchung und das Verständnis von nur wenigen Schichten von Wassermolekülen, die bislang als wissenschaftlich und technologisch unsicher galten, ist ein bedeutender Fortschritt in der Wasserforschung. Die Ergebnisse klären nicht nur theoretische Unstimmigkeiten, sondern eröffnen auch neue Wege für die Entwicklung zukünftiger Nanogeräte, Materialien und potenzieller Methoden zur präzisen Steuerung der Wasser-Eigenschaften.
Quelle
Max-Planck-Institut für Polymerforschung (08/2025)
Publikation
Wang, Y.; Tang, F.; Yu, X.; Chiang, K.; Yu, C.; Ohto, T.; Chen, Y.; Nagata, Y.; Bonn, M.
Interfaces govern the structure of angstrom-scale confined water solutions
Nature Communications
DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-025-62625-w