Vom Schadstoff zum wertvollen chemischen Produkt

12. August 2025

In zwei aktuellen Studien haben Forschungsteams detaillierte Einblicke in den Mechanismus geliefert, wie die beiden nickelhaltigen Enzyme Kohlenmonoxid-Dehydrogenase (CODH) und Acetyl-CoA-Synthase (ACS) Kohlendioxid in aktivierte Essigsäure umwandeln. Diese Erkenntnisse eröffnen neue Möglichkeiten für die Entwicklung synthetischer Katalysatoren, die CO2 als nachhaltigen Rohstoff nutzen könnten.

Zwei Enzyme – wie Strukturänderungen die Reaktion steuern

Die Forschenden konzentrierten sich auf zwei Enzyme, die Kohlenmonoxid-Dehydrogenase (CODH) und die Acetyl-CoA-Synthase (ACS), deren aktive Zentren eine einzigartige Verknüpfung von Nickel- und Eisen-Ionen aufweisen. Diese Enzyme arbeiten gemeinsam in einer Reaktionskette, die als Wood–Ljungdahl-Weg bekannt ist – einer der ältesten Mechanismen zur biologischen Kohlenstofffixierung. Dabei wird CO₂ zunächst in Kohlenmonoxid (CO) und anschließend in aktivierte Essigsäure (Acetyl-CoA) umgewandelt.

In einer Studie der Humboldt-Universität, in Zusammenarbeit mit der TU Berlin, wurde gezeigt, dass das Nickel-Ion im aktiven Zentrum der CODH eine Schlüsselrolle einnimmt: Es bindet nicht nur das CO₂, sondern stellt auch die für die Reaktion benötigten Elektronen bereit. Diese Flexibilität des Nickel-Ions macht es zum entscheidenden Element bei der CO₂-Umwandlung. Mithilfe einer Kombination aus Röntgendiffraktion und Spektroskopie an Enzym-Kristallen gelang es den Wissenschaftlern erstmals, alle relevanten katalytischen Zustände des Enzyms mitsamt der gebundenen Reaktionspartner in atomarer Auflösung sichtbar zu machen.

„Seit unserer ersten Struktur der Ni-haltigen Kohlenmonoxid-Dehydrogenasen im Jahr 2001 fragte ich mich, wozu diese Enzyme Ni-Ionen benötigen. Erst unsere neuen Arbeiten geben eine Antwort darauf, die in der ungewöhnlichen Koordination des Nickels liegt“ sagt Prof. Holger Dobbek, Leiter der Arbeitsgruppe Strukturbiologie und Biochemie der Humboldt-Universität zu Berlin. Und Yudhajeet Basak der Erstautor der Studie ergänzt „Indem wir die uralten Mechanismen der CO2-Fixierung verstehen, können wir sie auf die Entwicklung neuartiger Katalysatoren übertragen, die den Übergang zu einer kohlenstoffneutralen Industrie beschleunigen könnten.“

In einer weiteren, ergänzenden Studie unter der Leitung von Professorin Petra Wendler von der Universität Potsdam wurde untersucht, wie die Bindung kleiner Moleküle am Nickelzentrum der Acetyl-CoA-Synthase (ACS) weitreichende strukturelle Veränderungen im Enzym auslöst. Durch den Einsatz hochauflösender Kryo-Elektronenmikroskopie gelang es den Forschenden, sechs bisher unbekannte Zwischenzustände des Enzyms zu visualisieren. Die Ergebnisse zeigen, dass Enzyme nicht starr sind, sondern dass die Bindung von Liganden dynamische Bewegungen verursacht, welche den gesamten Reaktionsablauf steuern.

Relevanz für Klimaschutz und nachhaltige Chemie

Die Ergebnisse dieser Studien sind nicht nur für die Grundlagenforschung von großer Bedeutung. Sie könnten auch den Weg ebnen, um die Prinzipien der biologischen Katalyse auf technische Prozesse zu übertragen. In Zukunft könnten synthetische Katalysatoren, die nach dem Vorbild dieser Enzyme entwickelt werden, dazu beitragen, CO₂ effizient in wertvolle chemische Produkte umzuwandeln – ein entscheidender Schritt hin zu einer nachhaltigeren Kreislaufwirtschaft.

Quelle

Humboldt-Universität zu Berlin (08/2025)

Publikation

Yudhajeet Basak, Christian Lorent, Jae-Hun Jeoung, Ingo Zebger, Holger Dobbek. Metalloradical-driven enzymatic CO2 reduction by a dynamic Ni–Fe cluster. Nature Catalysis (2025) 10.1038/s41929-025-01388-5, https://www.nature.com/articles/s41929-025-01388-5

Jakob Ruickoldt, Julian Kreibich, Thomas Bick, Jae-Hun Jeoung, Benjamin Duffus, Silke Leimkühler, Holger Dobbek, Petra Wendler. Ligand binding to a Ni–Fe cluster orchestrates conformational changes of the CO-dehydrogenase–acetyl-CoA synthase complex. Nature Catalysis (2025) 10.1038/s41929-025-01365-y, https://www.nature.com/articles/s41929-025-01365-y

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