In den Klärbecken weltweit verbirgt sich eine mikroskopisch kleine Welt, deren komplexe Partnerschaften bisher weitgehend unbemerkt blieben. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie hat nun aufgedeckt, dass spezialisierte Bakterien in engen Symbiosen innerhalb einzelliger Wirtstiere leben und dort eine entscheidende Rolle spielen.
Während sich die Wissenschaft bislang primär auf freilebende Bakterien konzentrierte, verdeutlicht die neue Studie, dass diese „Untermieter“ maßgeblich an der Reinigung von Abwässern aus Haushalten, Industrie und Landwirtschaft beteiligt sind. Damit leisten sie einen unverzichtbaren Beitrag zum Umwelt- und Gesundheitsschutz. Doch die Wirkung dieser winzigen Verbündeten ist zweischneidig: Neben ihrer reinigenden Funktion beeinflussen sie offenbar auch die Entstehung von Treibhausgasen, was sie zu einem wichtigen Faktor für die Klimabilanz von Kläranlagen macht.
Mikroorganismen im Team
Die Entdeckung außergewöhnlicher mikrobieller Gemeinschaften nahm ihren Anfang vor einigen Jahren am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie. Ein Team um die Forscherin Jana Milucka stieß dabei auf eine bis dahin beispiellose Verbindung: Bakterien, die in Symbiose mit Ciliaten – weit verbreiteten, einzelligen Wasserlebewesen – existieren. Das Besondere an dieser Partnerschaft ist die Funktion der Bakterien, die ihre Wirte direkt mit Energie versorgen, ähnlich wie es Mitochondrien in menschlichen Zellen tun. Da die ersten Daten der Forschenden darauf hindeuteten, dass diese speziellen Organismen besonders in Abwässern florieren, entschloss sich das Team, ihre Suche gezielt in Kläranlagen fortzusetzen.
Mikroorganismen im Team
Die Entdeckung außergewöhnlicher mikrobieller Gemeinschaften nahm ihren Anfang vor einigen Jahren am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie. Ein Team um die Forscherin Jana Milucka stieß dabei auf eine bis dahin beispiellose Verbindung: Bakterien, die in Symbiose mit Ciliaten – weit verbreiteten, einzelligen Wasserlebewesen – existieren. Das Besondere an dieser Partnerschaft ist die Funktion der Bakterien, die ihre Wirte direkt mit Energie versorgen, ähnlich wie es Mitochondrien in menschlichen Zellen tun. Da die ersten Daten der Forschenden darauf hindeuteten, dass diese speziellen Organismen besonders in Abwässern florieren, entschloss sich das Team, ihre Suche gezielt in Kläranlagen fortzusetzen.
Weit verbreitet im Abwasser-Mikrobiom
Bei der Untersuchung globaler Daten aus Kläranlagen identifizierte das Forschungsteam insgesamt 14 neue Arten dieser endosymbiotischen Bakterien. Diese Entdeckung unterstreicht die ökologische Bedeutung der winzigen Organismen: „Durch die sogenannte Denitrifikation helfen die Bakterien, Nitrat aus dem Abwasser zu entfernen. Gleichzeitig unterstützen sie ihre Wirte bei der Energiegewinnung, indem sie schädliche Nitrate in Stickstoffgas umwandeln“, erklärt Erstautorin Louison Nicolas-Asselineau. Da solche Symbiosen in bis zu der Hälfte aller untersuchten Anlagen nachgewiesen wurden, stellen sie vermutlich einen wesentlichen, wenn auch bislang übersehenen Teil des Ökosystems dar. Dabei könnte die tatsächliche Vielfalt sogar noch größer sein, wie die Erstautorin betont: „Wir haben festgestellt, dass die Zahl der Symbionten in den einzelnen Kläranlagen zeitlich stark schwankt. Es ist also gut möglich, dass wir einige übersehen haben.“
Bedenklich für das Klima
Die neu identifizierten denitrifizierenden Endosymbionten in Kläranlagen verfügen in der Regel über einen vollständigen Stoffwechselweg, der es ihnen ermöglicht, Nitrat bis hin zu harmlosem Distickstoffgas (N2) zu veratmen. Dank eines speziellen Enzyms, der Cytochrom-cbb3-Oxidase, können die meisten dieser Arten flexibel zwischen der Veratmung von Nitrat und Sauerstoff wechseln.
Eine Entdeckung bereitet den Forschenden jedoch besondere Sorge: Die Art Candidatus Azoamicus parvus sticht aus dieser Gruppe negativ hervor. Sie kann weder Sauerstoff veratmen noch das während des Denitrifikationsprozesses entstehende Zwischenprodukt Lachgas (N2O) weiter abbauen. Statt das Treibhausgas in unbedenklichen Stickstoff umzuwandeln, setzt dieser Mikroorganismus es direkt in das Wasser frei. Da Lachgas etwa 300-mal klimaschädlicher ist als CO2 und die Abwasserreinigung ohnehin eine bekannte Quelle für vom Menschen verursachte N2O-Emissionen darstellt, ist die weite Verbreitung dieses Bakteriums kritisch zu bewerten. „Dies ist das erste Mal, dass wir einen denitrifizierenden Endosymbionten gefunden haben, der Lachgas produziert, und zufällig ist es ausgerechnet derjenige, der in Kläranlagen am weitesten verbreitet ist“, betont Jana Milucka.
Warum das wichtig ist
Die Abwasserbehandlung stellt eines der bedeutendsten Anwendungsfelder der Mikrobiologie dar und ist für den Schutz von Umwelt und Gesundheit von zentraler Bedeutung. Dennoch wurden die nun in der Fachzeitschrift ISME Communications beschriebenen mikrobiellen Partnerschaften in der Vergangenheit kaum beachtet. „Wir waren sehr überrascht, dass denitrifizierende Endosymbiosen in Abwässern so häufig vorkommen und weit verbreitet sind, da in diesen Systemen sehr veränderliche Bedingungen und starker ökologischer Druck herrschen“, erklärt Louison Nicolas-Asselineau. Die neuen Erkenntnisse verdeutlichen, dass das Verständnis dieser Lebensgemeinschaften eine große Chance bietet: „Unsere Studie unterstreicht, wie wichtig es ist, die an den Klärprozessen beteiligten Mikroorganismen besser zu verstehen. Sie könnten der Schlüssel zur Verbesserung der Abwasserbehandlung und zur Verringerung ihrer Umweltauswirkungen sein.“
Quelle
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie (12/2025)
Publikation
Louison Nicolas-Asselineau, Daan R Speth, Linus M Zeller, Ben J Woodcroft, Caitlin M Singleton, Lei Liu, Morten K D Dueholm, Jana Milucka (2025): Occurrence and temporal dynamics of denitrifying protist endosymbionts in the wastewater microbiome, ISME Communications, Volume 5, Issue 1, January 2025, ycaf209
DOI: https://doi.org/10.1093/ismeco/ycaf209