Forschenden von SAMSUNG ist in Zusammenarbeit mit Professor Richard Dronskowski vom Lehrstuhl für Festkörper- und Quantenchemie der RWTH Aachen ein bedeutender Erfolg gelungen: Sie konnten die chemischen Reaktionen entschlüsseln, die der Datenspeicherung in gängigen elektronischen Geräten zugrunde liegen. Diese wichtigen Erkenntnisse könnten künftig den Weg für die Entwicklung völlig neuer Speichermaterialien ebnen.
Flash-Speicher: Gezieltes Materialdesign durch chemisches Verständnis ermöglichen
Der Flash-Speicher ist ein zentraler Bestandteil vieler elektronischer Geräte, von Smartphones bis zu Laptops. Dieses Medium kann elektrisch gelöscht und wieder beschrieben werden. Es behält die gespeicherten Daten auch ohne Stromversorgung, was es ideal für die langfristige Speicherung digitaler Inhalte macht. Obwohl bekannt war, dass das keramische Material amorphes Siliziumnitrid (Si3N4) eine zentrale Rolle in Flash-Speichern spielt, war der genaue chemische Mechanismus auf atomarer Ebene bislang unverstanden. Dies bedeutete, dass neue Speichermaterialien bisher nur empirisch, also durch Ausprobieren, identifiziert werden konnten. Ein gezieltes Design basierend auf einem vollständigen Verständnis der chemischen Vorgänge war nicht möglich.
Chemische Reaktionen ermöglichen Flash-Speicherung
Um die zugrunde liegenden Reaktionen besser zu verstehen, simulierte das Forschungsteam das Speichermaterial quantenmechanisch mit atomarer Auflösung. Die anschließende Analyse der Ergebnisse erfolgte mithilfe des Quantenchemieprogramms LOBSTER. Das wurde von Professor Richard Dronskowski und seiner Arbeitsgruppe an der RWTH Aachen entwickelt.
Diese Analyse enthüllte, dass während jedes Speicher- und Löschvorgangs tatsächlich chemische Reaktionen stattfinden. Beim Einbringen elektrischer Ladung bricht eine Silizium-Stickstoff-Bindung auf. Gleichzeitig entsteht eine neue, sehr stabile Silizium-Silizium-Bindung. Diese neue atomare Struktur erklärt die bekannte Stabilität von Flash-Speichern. Wird die elektrische Ladung wieder entfernt, kehrt sich der Prozess um. Die Silizium-Silizium-Bindung löst sich, und die Silizium-Stickstoff-Bindung bildet sich neu. Dieser reversible Mechanismus ist der Schlüssel zur Wiederbeschreibbarkeit von Flash-Speichern.
Zuverlässigkeit durch Bindungschemie: Atomare Präzision im Flash-Speicher
Die quantenchemische Untersuchung ermöglichte es dem Forschungsteam, die räumliche Anordnung von Silizium- und Stickstoffatomen sowie deren Wechselwirkungen präzise zu bestimmen. Da Elektronen stets paarweise umverteilt werden, können ganze chemische Bindungen gezielt gebrochen und neu geknüpft werden. Dieser präzise, gesteuerte Prozess erklärt, warum Flash-Speicher Informationen so zuverlässig speichern und sich damit ideal für den Einsatz in Smartphones und Solid-State-Drives (SSDs) eignen.
Professor Dronskowski ist begeistert von den Ergebnissen und ihrer Bedeutung für die Zukunft: „Es ist faszinierend, dass das physikalische Verhalten des für den Flash-Speicher verantwortlichen Materials direkt von der Veränderung chemischer Bindungen abhängt. Und da wir das Material nun wirklich verstehen, sind keine weiteren Berechnungen nötig, um es chemisch zu modifizieren – die theoretische Grundlage dafür ist nun gelegt.“
Quelle
Publikation
Anderson’s negative-U chemistry in amorphous silicon nitride: A complex system Approach
Woon Ih Choi,Bokyeom Kim, Uihui Kwon, Yong-Hee Cho, Won-Joon Son, Hawoong Jeong, Richard Dronskowski, Dae Sin Kim
https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adx9540