So lässt sich die Menge an Mikroplastik im Essen nachweisen

23. Juli 2025

Die Menge an Mikroplastik in Fisch und Meeresfrüchten, die auf unseren Tellern landen, variiert erheblich. Dies liegt hauptsächlich daran, dass es der Lebensmittelüberwachung an standardisierten Analyseverfahren mangelt, um die winzigen Kunststoffpartikel in Fischereierzeugnissen zuverlässig und quantitativ nachzuweisen. Infolgedessen sind die Ergebnisse verschiedener Studien oft schwer zu vergleichen, und die Verlässlichkeit der vorliegenden Daten ist häufig unklar. Um hier Abhilfe zu schaffen, haben Wissenschaftler des Max Rubner-Instituts Methoden aus der Umweltanalytik weiterentwickelt, um sie für die Untersuchung von Mikroplastik in Fisch und Meeresfrüchten nutzbar zu machen.

Nachweis von Mikroplastik in Meeresfrüchten: Eine anspruchsvolle Methode

Um Plastik in essbaren Geweben von Fisch und Meeresfrüchten nachweisen zu können, ist die gründliche Entfernung organischer Verbindungen wie Kohlenhydrate, Proteine und Fette unerlässlich. Dabei ist es entscheidend, die winzigen Kunststoffpartikel nicht zu beschädigen, wie Julia Süssmann, Wissenschaftlerin am Max Rubner-Institut und Leiterin des Forschungsprojekts, betont. Süssmann und ihr Team haben eine spezielle Methode entwickelt: Die Proben werden zunächst enzymatisch und chemisch behandelt, um das Fischgewebe aufzulösen. Anschließend werden die Plastikteilchen mittels Druckfiltration aus der entstandenen Flüssigkeit abgetrennt. Dieses Verfahren ermöglicht es, die Mikroplastikpartikel zu isolieren, ohne ihre Integrität zu beeinträchtigen.

Bisherige Daten zeigen, dass Mikroplastik in Fisch und Meeresfrüchten nur in geringen Mengen und sehr ungleichmäßig verteilt vorkommt. „Deshalb benötigen wir besonders empfindliche Nachweismethoden“, erklärt Julia Süssmann. Eine vielversprechende Möglichkeit sind massebasierte Verfahren, mit denen sich der Gesamtgehalt an Kunststoff in einer Probe bestimmen lässt. Dabei wird die Probe beispielsweise unter Ausschluss von Sauerstoff erhitzt, was zu ihrer Zersetzung und der Bildung gasförmiger Produkte führt. Anhand der Signale dieser Gase lässt sich anschließend berechnen, wie viel Plastik in der Probe enthalten war. Diese Methode ist besonders vorteilhaft, da sie eine große Bandbreite an Kunststofftypen wie Polyethylen (PE) oder Polypropylen (PP) nachweisen kann.

Visualisierung und Charakterisierung von Mikroplastik

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickelten zudem ein Verfahren, um Kunststoffe selektiv anzufärben. Durch die Zugabe eines Fluoreszenzfarbstoffs, wie beispielsweise Nilrot, lassen sich kleine, farblose Kunststoffpartikel, die mit herkömmlicher Lichtmikroskopie oft nur schwer zu erkennen sind, deutlich besser sichtbar machen. Um die Fluoreszenz natürlicher Partikel, etwa Bruchstücke von Garnelenschalen oder Gräten, zu unterdrücken, wird ein zweiter Farbstoff hinzugefügt, der ausschließlich natürliches Gewebe anfärbt. Mithilfe einer halbautomatischen Bildanalyse kann Mikroplastik so zuverlässig von natürlichen Partikeln unterschieden werden. Dies ermöglicht eine präzise Charakterisierung von Menge, Größe und Form der Kunststoffteilchen.

Dass Gegenstände aus Kunststoff überall zu finden sind, erschwerte die Arbeit im Labor. Denn trotz großer Sorgfalt können durch Messgeräte, Schutzkleidung oder die verwendeten Chemikalien Kunststoffpartikel in die Proben gelangen. „Wir haben deshalb penibel darauf geachtet, nicht selbst Plastik in die Proben einzutragen“, sagt Süssmann. Zudem wurden „Blindproben“ parallel zu den Lebensmittelproben untersucht, um eine Kontamination abschätzen zu können.

Herausforderung Nanoplastik: Ein schwieriger Nachweis

Im Rahmen des Projekts wurde auch an der Detektion von Nanoplastik geforscht – also Partikeln, die noch kleiner sind als Mikroplastik. Die Abtrennung dieser winzigen Kunststoffpartikel von den Lebensmitteln erwies sich jedoch als äußerst schwierig, selbst nach chemischem Aufschluss. Nanoplastik neigte dazu zu verklumpen und haftete teilweise an den Poren der verwendeten Membranfilter. Hinzu kam, dass Lebensmittelbestandteile wie Proteine oder Fette die Kunststoff-Signale bei den Analysen überlagerten, was eine eindeutige Identifizierung erschwerte. Ein zuverlässiger Nachweis von Nanoplastik in Fisch und Meeresfrüchten ist daher bisher nicht gelungen.

Das Thema Mikroplastik ist sehr komplex und die Datenlage zu möglichen Auswirkungen noch nicht ausreichend. „Mikroplastik ist kein Problem, das sich nur auf Fisch und Meeresfrüchte beschränkt“, sagt Süssmann. „Im Rahmen unserer Forschung haben wir auch in Milch, Fleisch, Eiern und Honig Hinweise auf Plastikpartikel gefunden.“ Nach derzeitigem Wissensstand ist es laut Bundesinstitut für Risikobewertung unwahrscheinlich, dass von Mikroplastik in Lebensmitteln gesundheitliche Risiken für die Menschen ausgehen. Zur wissenschaftlichen Absicherung ist jedoch noch weitere Forschung, etwa zur Wirkungsweise und zu den Aufnahmepfaden, nötig.

Quelle

Max Rubner-Institut – Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (07/2025)

Publikation

Süssmann J, Fischer EK, Hildebrandt L, Walz E, Greiner R, Rohn S, Fritsche J: Nile red staining for rapid screening of plastic-suspect particles in edible seafood tissues. Anal Bioanal Chem 416 (14), 3459-3471, 2024, doi: 10.1007/s00216-024-05296-8 https://link.springer.com/article/10.1007/s00216-024-05296-8

Süssmann J, Walz E, Hetzer B, Greiner R, Fischer EK, Rohn S, Fritsche J: Pressure-assisted isolation of micro- and nanoplastics from food of animal origin with special emphasis on seafood. J Consum Prot Food S, 2025, doi: 10.1007/s00003-025-01543-x
https://link.springer.com/article/10.1007/s00003-025-01543-x

Süssmann J, Krause T, Fischer EK, Walz E, Greiner R, Rohn S, Fritsche J: Microplastics in fresh and processed seafood – A survey of products sold in Germany. Food Control 179, 111565, 2026, doi: 10.1016/j.foodcont.2025.111565 https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S095671352500434

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