Sind Buchenwälder fit für den Klimawandel? Studie verbindet Satellitendaten und DNA-Analysen

17. September 2025

Einem Forschungsteam unter der Leitung des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums Frankfurt (SBiK-F) ist es gelungen, die Reaktion europäischer Buchenwälder auf den Klimawandel zu entschlüsseln. Dies gelang durch eine neuartige Kombination von Satellitenbildern und genetischer Analyse. Die Studie offenbart, dass der Laubaustrieb im Frühjahr hauptsächlich von steigenden Temperaturen beeinflusst wird. Darüber hinaus konnten die Forscher nachweisen, dass Baumpopulationen genetisch an ihre lokale Umgebung angepasst sind. Dieser integrierte Forschungsansatz ermöglicht es erstmals, präzise Vorhersagen darüber zu treffen, welche Buchenpopulationen am besten für künftige Klimabedingungen gerüstet sind.

Wälder im Wandel

Aufgrund der globalen Erwärmung sind auch die deutschen Wälder zunehmend Stress ausgesetzt. Um die Forstwirtschaft und den Naturschutz zu unterstützen, ist es daher von entscheidender Bedeutung, die genauen Auswirkungen des Klimawandels zu verstehen und vorhersagen zu können. Von großer Wichtigkeit für die Gesundheit von Laubwäldern und das Klima ist der jährliche Zyklus von Blattaustrieb und Blattfall, auch Phänologie genannt. Dieser Zyklus bestimmt, wie lange Bäume Photosynthese betreiben können, was wiederum ihr Wachstum sowie den Austausch von Kohlendioxid und Wasser mit der Atmosphäre beeinflusst.

„Der Klimawandel verändert diese saisonalen Rhythmen, aber das Verständnis und die Vorhersage der Reaktion langlebiger Bäume war bisher eine große Herausforderung“, erklärt Prof. Dr. Markus Pfenninger vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt. „Bislang war es schwierig, die beiden Hauptfaktoren zu unterscheiden, die die saisonale Uhr eines Baumes steuern: die direkten Umwelteinflüsse wie Temperatur und die genetische Veranlagung des Baumes.“

Wie Satellitendaten und Genetik die Zukunft deutscher Wälder entschlüsseln

Das Team um Pfenninger hat einen innovativen Ansatz entwickelt, um die Herausforderungen bei der Analyse der Waldreaktionen auf den Klimawandel zu bewältigen. Dafür nutzten sie hochauflösende Satellitendaten aus dem Zeitraum von 2015 bis 2022. Mithilfe dieser Daten überwachten die Forscher den genauen Zeitpunkt von Laubaustrieb und Laubfall bei 46 Populationen der Rotbuche (Fagus sylvatica) in ganz Deutschland. Diese umfangreiche „Phänotypisierung aus dem Weltraum“ wurde anschließend mit einer neuen, populationsbasierten genetischen Analysemethode kombiniert. „Zum ersten Mal konnten wir ganze Wälder über Jahre hinweg aus dem Weltraum beobachten und gleichzeitig ihren kollektiven genetischen Bauplan lesen“, sagt Pfenninger. „Diese Kombination gibt uns einen beispiellosen Einblick in die Funktionsweise und Anpassungsfähigkeit dieser lebenswichtigen Ökosysteme.“

Aus ökologischer Sicht wird der Laubaustrieb im Frühjahr hauptsächlich durch Temperatur und Wasserverfügbarkeit gesteuert. Die Analyse der Forscher ergab, dass sich die Vegetationsperiode für Buchen seit den 1970er-Jahren bereits um etwa acht Tage verlängert hat. Dieser Effekt ist fast ausschließlich auf einen früheren Austrieb der Blätter zurückzuführen. Bemerkenswerterweise geschah diese Veränderung nicht allmählich, sondern als plötzliche Verschiebung Ende der 1980er-Jahre, die zeitlich mit einem nachgewiesenen Anstieg der Frühjahrstemperaturen in Europa übereinstimmt.

Entscheidend ist, dass die Studie auch starke Hinweise auf eine lokale genetische Anpassung liefert. „Buchenpopulationen sind nicht alle gleich, sie sind recht genau auf ihren jeweiligen Standort abgestimmt“, erklärt Prof. Dr. Thomas Hickler, Mitautor der Studie vom SBiK-F. „Beispielsweise sind nördliche Populationen genetisch so programmiert, dass sie ihre Blätter früher treiben lassen, als es das Klima allein vermuten lassen würde. Wir vermuten, dass so die kürzere Vegetationsperiode optimal genutzt wird. Dies zeigt, dass es eine vererbbare Grundlage für ihre Phänologie gibt.“ Die Forschenden konnten sogar die für diese Anpassungen verantwortlichen Kandidatengene identifizieren und sie mit der inneren „circadianen Uhr“ der Bäume für den Blattantrieb und mit den Ruhephasen für den Blattabwurf in Verbindung bringen.

Durch die Verknüpfung von Umweltdaten und genetischen Informationen kann das Forschungsteam nun vorhersagen, wie unterschiedliche Buchenpopulationen auf künftige Klimabedingungen reagieren werden. „Dieses präzise Vorhersagemodell ist ein Meilenstein für die Waldbewirtschaftung und den Naturschutz“, fügt Pfenninger hinzu. „Unsere Studie macht deutlich: Die Europäische Buche kann sich gut an veränderte Bedingungen anpassen, wenn bei der Waldbewirtschaftung die genetische Vielfalt erhalten und eine natürliche Selektion ermöglicht wird.“

Quelle

Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (09/2025)

Publikation

Markus Pfenninger, Liam Langan, Barbara Feldmeyer, et al. (2025): Predicting forest tree leaf phenology under climate change using satellite monitoring and population-based genomic trait association. Global Change Biology https://doi.org/10.1111/gcb.70484

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