Asthma: Forschende identifizieren Schlüsselfaktor für schwere Krankheitsschübe nach Virusinfektionen

29. Oktober 2025

Die Frage, warum Virusinfektionen bei manchen Asthmabetroffenen zu gefährlichen Krankheitsschüben führen, während andere kaum Beschwerden entwickeln, konnte nun von Forschenden des Forschungszentrum Borstel, beantwortet werden. Das Team hat den zugrunde liegenden Mechanismus entschlüsselt und dabei einen Biomarker identifiziert. Dieser Biomarker könnte künftig schwere Verläufe vorhersagen und somit die Entwicklung neuer Therapieoptionen ermöglichen.

Asthma: Virale Exazerbationen und Therapielücken

Atemwegsinfektionen stellen für Asthmapatienten ein hohes Risiko dar, da sie neben einem grippalen Infekt bei manchen eine akute, potenziell lebensbedrohliche Verschlimmerung der Asthma-Symptome (Exazerbation) auslösen. Im besten Fall kann die Symptomkontrolle durch eine Dosisanpassung der Medikamente wiedererlangt werden. Im schlimmsten Fall ist eine Krankenhausversorgung oder notfallmedizinische Behandlung nötig. Hinzu kommt, dass es bisher keine Möglichkeit zur Identifizierung von Patienten gibt, die zu solchen schweren Schüben neigen. Somit steht keine spezielle Therapie zur Verfügung. Daher bleibt oft nur die Hoffnung auf Besserung durch eine Dosiserhöhung der Standardmedikamente.

Interleukin-6 als zentraler Mechanismus bei Asthma-Exazerbationen

Die Forschungsgruppen „Epigenetik chronischer Lungenerkrankungen“ und „Lungenimmunologie“ am FZB entdeckten einen neuen Mechanismus, der diagnostische und therapeutische Perspektiven bei Asthma-Exazerbationen eröffnet. In einem Mausmodell für die akute Asthma-Verschlimmerung zeigte sich, dass das Zytokin Interleukin (IL) 6 als Reaktion auf den Exazerbationsauslöser am frühsten und in größter Menge freigesetzt wird. Tatsächlich war die Schwere der Erkrankung direkt proportional zur gebildeten IL-6-Menge. Mäuse, denen IL-6 fehlte (durch knock-out) oder deren Funktion blockiert wurde (durch Antikörper), waren vor der Exazerbation geschützt. Die hohe Freisetzung von IL-6 ist demnach zwingend notwendig für die Auslösung der Krankheitsschübe.

Epigenetisches Gedächtnis des Atemwegsepithels

Zur Klärung der erhöhten IL-6-Freisetzung infizierten die Forschenden Atemwegsepithelzellen – die Zielzellen respiratorischer Viren – im Labor wiederholt mit Rhinoviren. Die Zellen reagierten auf jede erneute Infektion mit einer immer stärkeren Freisetzung von IL-6. Interessanterweise wird diese gesteigerte Produktion durch ein spezifisches Methylierungsmuster des IL6-Gens epigenetisch fixiert. Dies bildet eine Art „Gedächtnis“ der Zelle, ein Konzept, das als „trained immunity“ bekannt ist und hier erstmals auf strukturbildende Epithelzellen übertragen werden konnte.

Darüber hinaus wurden diese spezifischen Methylierungsmuster auch bei einer Gruppe von Asthmapatienten nachgewiesen. Dort korrelierten sie mit einer hohen Expression von IL-6 und einem Bedarf an Notfallmedikamenten. Zusätzlich zeigten sie sich auch als prädiktiv für zukünftige Exazerbationen. Damit ist ein wichtiger erster Schritt zur Identifizierung von Asthmapatienten mit hohem Exazerbationsrisiko getan. Diese Gruppe könnte zukünftig möglicherweise auch von einer antikörper-basierten Anti-IL-6-Therapie profitieren.

Quelle

Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum (10/2025)

Publikation

Lunding, L. P., Weckmann, M., Zissler, U. M., Jakwerth, C. A., Bodenstein-Sgró, R., Webering, S., Vock, C., Ehlers, J. C., Fernandez Ceballos, R. A. M., Nemani, S. S. P., Reddy, K. D., Oliver, B., Vermeulen, C., Van den Berge, M., Ober, C., Künstner, A., Busch, H., König, I., Garbers, C., Schmidt-Weber, C., Nold-Petry, C. A., Bahmer, T., Heyckendorf, J., Hansen, G., von Mutius, E., Rabe, K., Dittrich, A., Schaub, B., Brinkmann, F., Kopp, M., & Wegmann, M. (2025). Immune training of the interleukin-6 gene in airway epithelial cells is central to asthma exacerbations. Allergy. https://doi.org/10.1111/all.70070

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