Lithium-Ionen-Batterien sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken und versorgen Smartphones, E-Autos und Notebooks mit kabellosem Strom. Der stetig steigende Bedarf an diesen Batterien erfordert jedoch nachhaltige Recyclingmethoden. Die Rückgewinnung von Lithium ist aktuell allerdings noch kostspielig und wenig effizient. Forschende der TU Clausthal haben nun eine vielversprechende Lösung gefunden: Mithilfe des Naturstoffs Punicin und dessen Derivaten ermöglichen sie im Trennverfahren der Flotation hohe Rückgewinnungsquoten von Lithium.
Punicin: Ein schaltbarer Naturstoff vom Granatapfelbaum
Punicin ist eine chemische Substanz, die 1994 ursprünglich aus den Blättern des Granatapfelbaums isoliert wurde. An der TU Clausthal erforschte die Gruppe von Professor Andreas Schmidt vom Institut für Organische Chemie diesen einfachen Naturstoff, der aus einem Hydrochinon- und einem Pyridiniumring besteht. Das Besondere daran ist seine Schaltbarkeit: Durch die Anpassung des pH-Werts lässt sich seine elektrische Ladung von einfach positiv bis zweifach negativ einstellen. Zudem bildet Punicin bereits unter normalem Tageslicht Radikale, wodurch es im Hellen andere Eigenschaften besitzt als im Dunkeln. Die Einfachheit seiner Struktur erlaubt es, das natürliche Punicin nach dem Baukastenprinzip chemisch zu verändern und eine Vielzahl an Derivaten herzustellen, darunter auch schaltbare oberflächenaktive Moleküle.
Die Flotation: Lithium-Recycling mit Granatapfel-Derivaten
Die Flotation, eine Technik, die lange Zeit nur in der Erzaufbereitung eingesetzt wurde, wird nun erfolgreich für das Lithium-Recycling genutzt. Sie ermöglicht das Sammeln von künstlich erzeugten Lithiummineralien (engineered artificial minerals – EnAMs), die aus pyrometallurgischen Schlacken gewonnen werden. Im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms SPP 2315 forscht die Gruppe um Professor Schmidt an der Strukturoptimierung und den Mechanismen des Punicins. Damit soll Lithium und andere kritische Rohstoffe durch die Abtrennung von wertlosen Materialien (Gangmaterialien) für das Recycling angereichert werden.
Die Punicin-Sammler binden sich an die Oberfläche der Mineralpartikel wie Lithiumaluminat und machen diese Oberflächen dadurch wasserabstoßend. Dies führt dazu, dass die wertvollen, Lithium-haltigen Mineralien mithilfe von Luftblasen an die Oberfläche transportiert werden, während die Gangmaterialien nicht aufschwimmen. Ein entscheidender Vorteil: Durch die Möglichkeit, die Eigenschaften der Punicine mittels Licht in Kombination mit dem pH-Wert zu „schalten“, kann die Oberflächenwechselwirkung selektiver gestaltet und das Flotationsverfahren somit signifikant verbessert werden.
„Wir haben inzwischen über 50 verschiedene Punicine hergestellt, charakterisiert und im Lithiumrecycling getestet. Uns gelingen Rückgewinnungsraten von bis zu 92 Prozent, wenn die Parameter der Flotation mit neuen Punicinen optimiert sind“, erläutert Doktorand Max Fischer. Deshalb wird untersucht, Punicinderivate auch für die Rückgewinnung weiterer Lithium-EnAMs wie Lithiummanganaten sowie anderer werthaltiger Mineralien von Kupfer oder Tantal anzuwenden.
„Lithium-Recycling ist eine herausfordernde Aufgabe, die nur in Zusammenarbeit mit vielen Kolleginnen und Kollegen anderer Fachdisziplinen gelingen kann“, sagt Prof. Schmidt. Deshalb arbeiten die Forschenden mit externen Forschenden von der TU Bergakademie Freiberg, der TH Nürnberg und der RWTH Aachen zusammen.
Quelle
Technische Universität Clausthal (09/2025)