Polyploide Zellen im Fokus – neues Werkzeug zeigt räumliche DNA-Verteilung in Geweben

12. Dezember 2025

Ein internationales Forschungskonsortium, bestehend aus dem Formosa-Jordan-Labor des Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln sowie dem Fox-Labor der Duke University und dem Roeder-Labor der Cornell University (beide in den USA), hat eine neuartige rechnergestützte Pipeline entwickelt. Diese ermöglicht es, die Ploidie – also die Anzahl der Chromosomenkopien – in verschiedenen Geweben anhand von Mikroskopbildern hochdurchsatzfähig zu bestimmen.

Es ist seit Langem bekannt, dass bestimmte Zellen innerhalb eines Gewebes einen besonderen Prozess namens Endopolyploidie durchlaufen: Sie vervielfältigen ihr gesamtes Genom, ohne sich anschließend zu teilen. Während die Ploidie die Anzahl der Chromosomenkopien in einer Zelle beschreibt, besitzen polyploide Zellen mehr als zwei Kopien jedes Chromosoms. Anstatt sich nach der Verdopplung ihres genetischen Materials in zwei Tochterzellen aufzuteilen, behalten diese spezialisierten Zellen die zusätzliche DNA und verbleiben als einzelne, vergrößerte Zelle.

Die Herausforderung der Endopolyploidie-Analyse

Die Endopolyploidie ist in der Natur weit verbreitet und findet sich sowohl in pflanzlichen als auch in tierischen und menschlichen Geweben. Diese natürliche Strategie ist für die Entwicklung oder Regeneration von Geweben unerlässlich. Allerdings wird sie auch in Zusammenhang mit Krankheiten wie Krebs gebracht. Trotz ihrer großen Bedeutung ist weitgehend unklar, was diesen Prozess auslöst, welche Zellen ihn genau durchlaufen und wie sein Auftreten im Gewebe räumlich reguliert wird. Für ein umfassendes Verständnis von Wachstum, Regeneration und Krankheit ist daher die präzise Bestimmung entscheidend, in welchen Zellen Endopolyploidie auftritt und wo sich diese Zellen innerhalb des Gewebes befinden. Eine solche Quantifizierung war bisher jedoch äußerst schwierig. Die verfügbaren Methoden zerstörten entweder die Gewebearchitektur oder erforderten eine aufwendige manuelle Analyse jedes einzelnen Zellkerns.

iSPy: Eine neue Pipeline zur Analyse der Endopolyploidie im Gewebe

Mit der neu entwickelten Pipeline iSPy (Inferring Spatial Ploidy) ist es dem multidisziplinären, internationalen Team gelungen, die langjährige Einschränkung bei der Ploidie-Analyse zu überwinden. iSPy ermöglicht es Forschenden nun, polyploide Zellen direkt in intaktem, lebendem Gewebe zu visualisieren und zu untersuchen.

Bei iSPy handelt es sich um eine automatisierte Pipeline mit hohem Durchsatz, welche experimentelle Methoden mit fortschrittlicher Bildsoftwareanalyse kombiniert. Zunächst identifiziert eine Segmentierungssoftware basierend auf den Mikroskopbildern die Zellkerne und berechnet bestimmte Kernmerkmale wie beispielsweise das Kernvolumen. Aufbauend auf diesen segmentierten Bildern ist iSPy in der Lage, die polyploiden Zellkerne im gesamten Gewebe zu erkennen und detaillierte Karten ihrer räumlichen Anordnung zu erstellen. Das Forschungsteam konnte zeigen, dass iSPy in einer Vielzahl von Situationen eingesetzt werden kann: bei der entwicklungsbedingten programmierten Endopolyploidie in der Blattentwicklung von Arabidopsis, in menschlichen Kardiomyozyten und bei der regenerationsinduzierten Polyploidie in der Fruchtfliege.

Neues Tool iSPy revolutioniert die Verfolgung polyploider Zellen im lebenden Gewebe

Die neue Pipeline iSPy stellt somit ein leistungsstarkes und benutzerfreundliches Werkzeug dar, um polyploide Zellen in verschiedenen Geweben und Organismen zu identifizieren und zu analysieren. Forschende können diese spezifischen Zellen nun erstmals eindeutig über die Zeit hinweg verfolgen und ihre Verteilung innerhalb der jeweiligen Gewebearchitektur effizient und im Hochdurchsatz analysieren.

Nicholas Russell merkt dazu an: „Die Identifizierung polyploider Zellen ohne die Zerstörung von Gewebe ist seit langem ein Wunsch der Fachwelt, und ich hoffe, dass diese Pipeline im Laufe der Jahre genutzt und angepasst werden kann, um bisher unbekannte räumliche und zeitliche Ploidie-Muster in vielen Organismen zu identifizieren.“ Pau Formosa-Jordan ergänzt: „Viele differenzierte Gewebe weisen räumliche Ploidie-Muster in verschiedenen Organismen auf, über die wir nur sehr wenig wissen. Unsere Pipeline wird hoffentlich dazu beitragen, zu verstehen, wie sich lebendes Gewebe entwickelt, altert oder nach Verletzungen repariert wird. Dies könnte neue Wege zum Verständnis bestimmter Krankheiten wie Krebs eröffnen.“

Quelle

Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung (12/2025)

Publikation

Nicholas J. Russell, Paulo B. Belato, Lilijana Sarabia Oliver, Archan Chakraborty, Adrienne H. K. Roeder, Donald T. Fox , Pau Formosa-Jordan
Spatial ploidy inference using quantitative imaging
Cell Reports Methods (2025) 101249
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2667237525002851

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