Neuer Halbleiter für die Chips der Zukunft

21. Juli 2025

Forschende des Forschungszentrums Jülich und des Leibniz-Instituts für innovative Mikroelektronik (IHP) haben ein einzigartiges Material entwickelt: eine stabile Legierung aus Kohlenstoff, Silizium, Germanium und Zinn, kurz CSiGeSn. Diese neue Verbindung eröffnet vielversprechende Möglichkeiten an der Schnittstelle von Elektronik, Photonik und Quantentechnologie. Der entscheidende Vorteil liegt in ihrer Kompatibilität mit dem CMOS-Prozess, dem Standardverfahren der Chipindustrie. Dies ist möglich, da alle vier Elemente der Legierung – wie Silizium – aus der vierten Hauptgruppe des Periodensystems stammen.

„Mit der Kombination dieser vier Elemente haben wir ein lang verfolgtes Ziel erreicht: den ultimativen Halbleiter auf Basis der vierten Hauptgruppe“, erklärt Dr. Dan Buca vom Forschungszentrum Jülich. Mit der neuen CSiGeSn-Legierung lassen sich Bauelementeigenschaften präzise einstellen, was die Entwicklung optischer Komponenten und Quantenschaltungen ermöglicht, die mit reinem Silizium unerreichbar wären. Diese Strukturen können direkt auf dem Chip während der Herstellung erzeugt werden.

Der Erfolg beruht auf der chemischen Kompatibilität: Nur Elemente der gleichen Hauptgruppe wie Silizium fügen sich nahtlos in das empfindliche Kristallgitter des Wafers ein. Das zugrunde liegende Verfahren ist die Epitaxie, ein Schlüsselprozess der Halbleitertechnologie, bei dem dünne Schichten atomgenau auf einem Substrat abgeschieden werden.

Verzahnung von Optik und Elektronik

Forschenden um Dan Buca gelang es bereits zuvor, Silizium, Germanium und Zinn zu verbinden, um daraus Transistoren, Photodetektoren, Laser, LEDs oder thermoelektrische Materialien zu entwickeln. Durch die Hinzunahme von Kohlenstoff erweitert sich nun die Möglichkeit, die Bandlücke – eine entscheidende Größe für elektronisches und photonisches Verhalten – noch präziser einzustellen. Dies eröffnet neue Perspektiven für innovative Bauelemente.

„Ein Beispiel ist ein Laser, der auch bei Raumtemperatur funktioniert. Viele optischen Anwendungen aus der Silizium-Gruppe stehen noch ganz am Anfang“, erläutert Dan Buca. „Auch für die Entwicklung von geeigneten Thermoelektrika ergeben sich neue Möglichkeiten, um Wärme in Wearables und Computerchips in elektrische Energie umzuwandeln.“

Gegensätze im Gitter vereint

Die Herstellung der CSiGeSn-Legierung galt lange als extrem schwierig, da Kohlenstoff winzig ist und Zinn groß, was zu sehr unterschiedlichen Bindungskräften führt. Doch durch die präzise Einstellung der Herstellungsprozesse gelang es Forschenden, diese Gegensätze zu überwinden.

Der Erfolg wurde mit einer industriellen CVD-Anlage von AIXTRON erzielt – einer Standardausrüstung aus der Chipproduktion, keine Spezialapparatur. Das Ergebnis ist ein hochqualitatives, gleichmäßig zusammengesetztes Material. Dies führte auch zur erstmaligen Entwicklung einer Leuchtdiode auf Basis von Quantentopfstrukturen aus diesen vier Elementen, ein entscheidender Fortschritt für neue optoelektronische Bauelemente.

„Das Material bietet eine bislang einzigartige Kombination aus abstimmbaren optischen Eigenschaften und Silizium-Kompatibilität“, sagt Prof. Dr. Giovanni Capellini vom IHP, der seit über 10 Jahren mit Dan Buca zusammenarbeitet, um die Anwendungspotenziale neuer Gruppe-IV-Halbleiter zu erschließen. „Damit schaffen wir die Grundlage für skalierbare photonische, thermoelektrische und quantentechnische Bauelemente.“

Quelle

Forschungszentrum Jülich (07/2025)

Publikation

Omar Concepción, Ambrishkumar J. Devaiya, Marvin H. Zoellner, Markus A. Schubert, Florian Bärwolf, Lukas Seidel, Vincent Reboud, Andreas T. Tiedemann, Jin-Hee Bae, Alexei Tchelnokov, Qing-Tai Zhao, Christopher A. Broderick, Michael Oehme, Giovanni Capellini, Detlev Grützmacher, Dan Buca
Adaptive Epitaxy of C-Si-Ge-Sn: Customizable Bulk and Quantum Structures
Advanced Materials (2025), DOI: https://doi.org/10.1002/adma.202506919

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