Neuer „Atlas“ für verlässliche Experimente

6. November 2025

Polyoxometallate (POMs), komplexe Käfige aus Metall und Sauerstoff, sind wichtige Experimentierwerkzeuge, deren Verhalten in Lösungen aber oft unerwartet ist. Chemiker:innen der Uni Wien haben die Eigenschaften dieser Moleküle nun systematisch getestet und einen „Atlas“ entwickelt. Dieses wertvolle Werkzeug soll Wissenschaftlerinnen helfen, Experimente in der Chemie, Materialforschung und Biomedizin reproduzierbarer und effizienter zu gestalten.

Sie sehen aus wie winzige, perfekt geordnete Mandalas: Polyoxometallate sind komplexe Molekülkäfige aus Metall- und Sauerstoffatomen, die als vielseitige Modellsysteme für Katalyse, Energiespeicherung und biomedizinische Anwendungen genutzt werden. Da diese scheinbar symmetrischen Strukturen sich in Flüssigkeiten oft unbemerkt neu anordnen, liefert eine neue Studie wichtige Daten und Anleitungen. Die Forscherinnen zeigen, wann die POM-Strukturen intakt bleiben und wann sie sich verändern, was eine wichtige Grundlage für künftige Experimente schafft.

Wenn perfekte Ordnung instabil wird

Polyoxometallate (POMs) verhalten sich in Lösung oft unerwartet, da sie sich unter gängigen Laborbedingungen zersetzen oder neu anordnen. Dies führt dazu, dass Messungen unwissentlich Zersetzungsprodukte untersuchen und Ergebnisse in der Katalyse, Energieforschung und Biomedizin schwer reproduzierbar sind. Chemikerinnen der Uni Wien wirken diesem Problem nun mit neuen Studienergebnissen entgegen.

Über die Studie

Die Studie der Uni Wien untersuchte sogenannte Keplerate, fußballähnliche Molekülkäfige, die als Modellbausteine dienen. Das Team testete deren Stabilität systematisch über pH-Wert, Temperatur und Puffersysteme. Das zentrale Ergebnis: In stark sauren Lösungen bleiben die Nanokäfige intakt, während sie sich bei neutralem pH-Wert schnell zu kleineren Einheiten reorganisieren. Praktischer Hinweis für die Forschung: Keplerate auf Wolframbasis sind widerstandsfähiger als solche auf Molybdänbasis.

Ein Fahrplan für zuverlässige Chemie

Die neue Studie von Gregorovic, Gumerova und Rompel erweitert den bestehenden „Speciation Atlas“ (Science Advances, 2023). Sie liefert eine benutzerfreundliche Ergänzung mit offenen Datensätzen, einfachen Stabilitätsprüfungen und klaren Empfehlungen, welche experimentellen Bedingungen für Polyoxometallate genutzt – und welche vermieden – werden sollten.

„Unser Ziel war es, eine Orientierungshilfe für den Alltag zu bieten“, sagt Annette Rompel. „Zu wissen, wann POM-Käfige stabil sind – und wann nicht – spart Zeit und Ressourcen und führt zu verlässlicheren Ergebnissen. Der erweiterte Atlas sagt nicht nur, ob etwas stabil ist, sondern hilft auch dabei, Experimente zu entwerfen und Ideen schneller in solide Ergebnisse umzusetzen.“

Forschung reproduzierbarer machen

Durch die offene Bereitstellung ihrer Daten und konkreten Empfehlungen schaffen die Autorinnen ein wertvolles Werkzeug, um Experimente in der Chemie, Materialforschung und Biomedizin reproduzierbarer und effizienter zu gestalten.

Quelle

Universität Wien (11/2025)

Publikation

Ingrid Gregorovic, Nadiia I. Gumerova, Annette Rompel, Speciation atlas of polyoxometalates in aqueous solution (Part II): Molybdenum browns, Science Advances (2025) 11, eaea1910
DOI: 10.1126/sciadv.aea1910
https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.aea1910

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