Neue labelfreie Bildgebung ermöglicht präzise Bewertung der Krebsbehandlung in Einzelzellen

17. Juli 2025

Forschende von Helmholtz Munich und der Technischen Universität München haben eine innovative Methode entwickelt, mit der sie die Reaktionen auf Krebsbehandlungen in einzelnen Zellen verfolgen können – und das komplett ohne den Einsatz von Farbstoffen oder Markern. Ihre MiROM-Technologie ermöglicht die Echtzeitvisualisierung von Proteinveränderungen in lebenden Myelomzellen, wodurch sie frühzeitig Aufschluss über die Wirksamkeit einer Therapie erhalten.

MiROM erkennt insbesondere fehlgefaltete Proteine, die als wichtige Indikatoren für die Reaktion auf eine Krebsbehandlung dienen. Dies bietet einen schnelleren und präziseren Ansatz, um die Therapie für Patient:innen mit multiplem Myelom individuell anzupassen.

Fehler erkennen: Wie MiROM fehlgefaltete Proteine in Krebszellen aufspürt

MiROM, kurz für „mittlere Infrarot-Optoakustische Mikroskopie“, ist eine innovative Technologie, die Proteine durch die Detektion molekularer Vibrationen identifiziert – gewissermaßen den natürlichen „Tanz“ der Moleküle innerhalb von Proteinstrukturen. Sie nutzt dazu mittlere Infrarotstrahlung. Im Gegensatz zur herkömmlichen optischen Spektroskopie, die die Lichtabsorption misst, erfasst die Optoakustik Ultraschallwellen. Diese entstehen, wenn Proteine Infrarotlicht absorbieren. Diese Absorption führt zu einer minimalen, lokalen Temperaturerhöhung, die eine vorübergehende Expansion des umgebenden Mediums und die Emission von Ultraschallwellen zur Folge hat. Durch die Echtzeitanalyse dieser Signale kann MiROM strukturelle Veränderungen in Proteinen, wie beispielsweise Fehlfaltungen, erkennen. Es identifiziert dabei Verschiebungen in ihrem molekularen „Tanz“. Diese Fähigkeit liefert wertvolle Einblicke in die Reaktion von Krebszellen auf Behandlungen.

Überwindung der Grenzen bei der Bewertung der Myelomtherapie

Das multiple Myelom ist eine Form von Blutkrebs, die die Plasmazellen im Knochenmark angreift. Dies führt zu einer abnormen Proteinproduktion, einem geschwächten Immunsystem und potenziellen Organschäden. Bisherige Methoden zur Bewertung der Myelom-Behandlung sind oft auf große Zellproben, aufwendige Vorbereitungen und zeitintensive Messungen angewiesen. Das erschwert eine schnelle und individuelle Überwachung der Patientenreaktionen erheblich.

Hier setzt MiROM an: Die neue Technologie überwindet diese Hindernisse, indem sie Einzelzellen analysiert, nur geringe Probenmengen benötigt und eine schnelle, nahezu sofortige Einschätzung der Behandlungseffektivität ermöglicht.

„MiROM ermöglicht es, einzelne Zellen in Echtzeit zu analysieren, ganz ohne aufwändige Probenvorbereitungen, und liefert so rasche Einblicke, wie Behandlungen die Proteinstrukturen auf zellulärer Ebene beeinflussen“, erklärt Francesca Gasparin, Erstautorin der Studie. „Besonders gut kann MiROM die Bildung intermolekularer Beta-Faltblätter (Strukturen, die mit fehlerhaft gefalteten Proteinen in Verbindung stehen) sowie Apoptose, den programmierten Zelltod, erkennen. Diese Prozesse zeigen, ob Krebsbehandlungen wirksam sind oder ob eine Arzneimittelresistenz entsteht“, fügen Prof. Miguel Pleitez und Prof. Florian Bassermann, leitende Forscher der Studie, hinzu.

MiROM kann durch die Analyse einzelner Zellen Unterschiede in der Reaktion auf Krebsbehandlungen eines Patienten aufdecken und so den Weg für eine personalisierte Therapie ebnen.

Ein Werkzeug, viele Einsatzmöglichkeiten

„Wir stellen uns den Einsatz von MiROM in der Arzneimittelprüfung, in diagnostischen Tests und bei der Patientenüberwachung zu Hause vor“, sagt Prof. Vasilis Ntziachristos, ebenfalls leitender Forscher der Studie. Der nächste Schritt ist die klinische Validierung in größeren Patientenkohorten, um diese Technologie in die tägliche medizinische Praxis zu integrieren.

Quelle

Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH) (07/2025)

Publikation

Gasparin et al., 2025: Label-free protein-structure-sensitive live-cell microscopy for patient-specific assessment of myeloma therapy. Nature Biomedical Engineering. DOI: 10.1038/s41551-025-01443-3
https://www.nature.com/articles/s41551-025-01443-3

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