Natur als Vorbild: Materialien erhalten durch laserstrukturierte Oberflächen neue Eigenschaften

25. Juni 2025

Professor Frank Mücklich von der Universität des Saarlandes ist ein Experte für Lasertechnologie und Funktionswerkstoffe. Seit 30 Jahren leitet er den Lehrstuhl für Werkstofftechnik an der Universität des Saarlandes. Die von ihm mitentwickelte Lasertechnik ermöglicht es beispielsweise, Materialoberflächen so zu behandeln, dass sie elektrisch leitfähiger werden oder Bakterien und Viren abweisen. Sein Engagement in diesem Bereich ist vielfältig: Vor 15 Jahren gründete er das Steinbeis-Forschungszentrum für Werkstofftechnik, und vor fünf Jahren kam die Firma Surfunction hinzu. Als Sprecher des Themennetzwerks „Materialwissenschaft und Werkstofftechnik“ bei der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften gestaltet er zudem aktiv die Zukunftsthemen seines Fachgebiets mit.

Von der Natur inspiriert: Wie Lasertechnologie Materialoberflächen revolutioniert

Frank Mücklich stellte sich die Frage, wie man fein strukturierte Oberflächen in der belebten Natur auf die Welt der Materialien übertragen kann. „Die Blätter von Bäumen werden unterschiedlich von Regen benetzt, an einer Lotusblume etwa perlt Wasser ganz ab. Und eine Schlange kann sich nur mithilfe ihrer Hautschuppen rasch fortbewegen“, nennt der Materialforscher als Beispiel. Er hatte die Idee, diese meist regelmäßigen, mikroskopisch feinen Muster aus der Natur über eine spezielle Lasertechnologie auf Materialoberflächen zu übertragen. „Wir nutzen dafür das physikalische Prinzip der Interferenz, also der Überlagerung von Wellen. Dabei wird die Lichtintensität der Laserstrahlen so extrem in kleinen periodischen Mustern verdichtet, dass sie im wahrsten Sinne blitzschnell mikroskopische Strukturen auf den Oberflächen erschaffen“, erklärt der Saarbrücker Professor.

Wie Laser Materialeigenschaften für die Industrie revolutioniert

Die direkte Laserstrahlinterferenzstrukturierung (Direct Laser Interference Patterning, kurz DLIP) kann berührungslos und mit Geschwindigkeiten von bis zu einem Quadratmeter pro Minute praktisch auf jedem festen Material angewendet werden. „Damit verändern wir die Eigenschaften von Oberflächen, um diese zum Beispiel reibungsärmer, weniger verschleißanfällig oder leitfähiger zu gestalten. Die Anwendungsgebiete sind sehr vielfältig. Wir helfen etwa der Automobilindustrie dabei, die mehr als 2000 elektrischen Steckverbindungen, die ein E-Auto heute enthält, zuverlässiger und langlebiger zu gestalten“, sagt Mücklich.

Denn die Elektrokontakte, die zum Beispiel Kameras und Sensoren steuern, müssen auch bei Kälte und Nässe oder bei Vibrationen ausdauernd und ohne kleinste Unterbrechung funktionieren. „Durch unsere Laserstrukturierung können Metalloberflächen bis zu 80 Prozent besser als herkömmliche Steckverbindungen den Strom leiten und benötigen etwa 40 Prozent weniger Kraftaufwand, um sie ineinanderzustecken. Diese spielt bei der Montage und der späteren Wartung in den weltweiten Werkstätten eine wesentliche Rolle, denn so können noch mehr Einzelstecker gebündelt und sparsamer verbaut werden“, nennt der Materialwissenschaftler als Vorteil. Diese für die jeweiligen Anwendungsfälle präzise maßgeschneiderte Technologie wird inzwischen auch industriell erfolgreich vermarktet.

Laser für den Weltraum und das Herz

Professor Mücklichs Forschung erlangte internationale Aufmerksamkeit, als ESA-Astronaut Matthias Maurer sie vor drei Jahren auf seiner ISS-Mission vorstellte. Dort trugen laserstrukturierte Materialien dazu bei, die Anhaftung von Bakterien und anderen Mikroorganismen an Oberflächen wie Griffen, Schaltern und Armaturen zu reduzieren. Insgesamt wurden inzwischen über 900 Proben im Rahmen von Weltraummissionen analysiert. „Derzeit entwickeln wir beispielsweise neuartige Oberflächen für Stents, die bei Herzoperationen eingesetzt werden, damit diese nicht vom menschlichen Körper als Fremdkörper wahrgenommen werden und Entzündungen auslösen. So ließe sich im Erfolgsfall der Antibiotikaeinsatz nach einer Operation reduzieren und auch die Thrombosegefahr im Inneren der Stents senken, weil die roten Blutkörperchen nicht mehr an der inneren Oberfläche der Stents verklumpen können“, erläutert Frank Mücklich.

Fälschungssicherheit und Ressourcenschonung dank Oberflächentechnologie

Da diese Technologie nicht nur auf Metalle, sondern auch auf Keramik, Glas und Kunststoffe angewendet werden kann, macht sie auch für den Plagiatsschutz interessant. „Das lässt sich auf alle Werkstoffe und Bauteile übertragen, deren Herstellungsprozess fälschungssicher zurückverfolgt werden soll“, erklärt der Materialforscher. Er verweist darauf, dass durch die berührungsfreie Lasertechnologie auch keine Werkzeuge verschlissen werden und die Firmen in vielen Bereichen chemische Substanzen für die Oberflächenbehandlung einsparen können. „Dies ist auch wesentlich für die Circular Economy, also eine schrittweise, immer konsequentere Kreislaufwirtschaft, bei der möglichst viele Werkstoffe vollständig recycelt werden können. Je weniger chemische Beschichtungen wir einsetzen und dadurch in Zukunft Materialien auch sortenreiner und sparsamer verbauen, desto einfacher lassen sie sich auch wieder demontieren und in einem Kreislaufprozess wiederverwenden“, sagt Professor Mücklich. Dazu muss man interdisziplinär und oft auch das Design der Produkte neu denken, damit diese so konstruiert werden, dass sie zum Beispiel einfacher zu reparieren sind und am Ende sortenrein zerlegt und wiederverwertet werden können.

Quelle

Universität des Saarlandes (06/2025)

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