Ob elektronische Bauteile, innovative Medikamente oder moderne Umweltanalytik: Nanomaterialien stecken in vielen Zukunftstechnologien. Damit sie sicher und zuverlässig eingesetzt werden können, braucht es präzise Vergleichsstandards. Hierbei bestehen jedoch erhebliche Lücken, wie eine aktuelle Studie der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) und des Metrology Research Centre Kanada zeigt. Zwei neue Entwicklungen könnten entscheidende Fortschritte bringen.
Referenzmaterialien sind sehr hochwertige, umfassend charakterisierte Proben, mit denen Labore ihre Messgeräte überprüfen oder kalibrieren und neue Messmethoden entwickeln oder in ihren Laboratorien etablieren können. Sie sorgen dafür, dass Messungen vergleichbar und Ergebnisse zuverlässig sind. „Ohne verlässliche Vergleichsstandards können wir nicht garantieren, dass Nanomaterialien sicher sind – weder für den Menschen noch für die Umwelt“, betont Ute Resch-Genger von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM).
Zwar gibt es bereits einige Nano-Referenzmaterialien, allerdings decken diese viele wichtige Eigenschaften wie die genaue Form, Größenverteilung, Zusammensetzung, und Oberflächenchemie sowie die Partikelkonzentration nicht ab. Besonders kritisch ist das in der Medizin, wo Nanopartikel z. B. in Impfstoffen oder Krebstherapien eingesetzt werden. Auch für die Risikobewertung von Nanomaterialien sind genaue Messungen entscheidend.
Neue Referenzmaterialien für mehr Sicherheit
Es gibt gute Nachrichten: Zwei neue Entwicklungen könnten die Lücken bei den Nanomaterial-Standards schließen. Expert:innen der BAM und des Metrology Research Centre ist es gelungen, zwei neuartige nanoskalige Referenzmaterialien zu entwickeln: Eisenoxid-Nanowürfel und lipidbasierte Nanopartikel. Eisenoxid-Nanopartikel kommen beispielsweise in bildgebenden Verfahren wie der Magnetresonanztomographie (MRT) zum Einsatz. Da diese Partikel nicht nur kugelförmig sein können, sondern auch verschiedene Formen annehmen oder eine breite Größenverteilung aufweisen, wurden nun erstmals Referenzmaterialien in Würfelform entwickelt.
Eine weitere wichtige Entwicklung sind lipidbasierte Nanopartikel. Sie dienen als entscheidende Trägersysteme für Medikamente, etwa in Impfstoffen oder bei Krebstherapien. Ihre Funktion ist es, Wirkstoffe gezielt im Körper zu platzieren und gleichzeitig Nebenwirkungen zu minimieren. Die Verfügbarkeit dieser ersten Nano-Referenzmaterialien ist ein bedeutender Fortschritt, der zu mehr Sicherheit in der Medizin und den Lebenswissenschaften beitragen wird.
Forschungsbedarf bleibt groß
Trotz dieser vielversprechenden Entwicklungen bleibt erheblicher Handlungsbedarf. Die Autor:innen der Studie unterstreichen die dringende Notwendigkeit, weitere Nano-Referenzmaterialien zu entwickeln. Dies betrifft beispielsweise Materialien mit einer bekannten Oberflächenchemie, wie sie derzeit im europäischen Metrologieprojekt SMURFnano (23NRM02) unter der Koordination der BAM entstehen.
Darüber hinaus werden Materialien benötigt, die mehrere Eigenschaften gleichzeitig abbilden und sich unter praxisnahen Bedingungen einsetzen lassen. Ein besonders wichtiger Punkt ist zudem die Bereitstellung von Charakterisierungsdaten von Nanomaterialien in öffentlich zugänglichen Datenbanken. Durch solche Maßnahmen können neue Nanomaterialien und Technologien schneller und sicherer in die Anwendung überführt werden.
Quelle
Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) (07/2025)
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Kompetenzzentrum AdvancedMaterials@BAM
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