Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen gelten als eine Schlüsseltechnologie für die Photovoltaik. Ihr Aufbau ermöglicht eine effizientere Nutzung des Sonnenlichts als bei herkömmlichen Siliziumzellen: Die obere Perowskit-Schicht absorbiert den energiereichen blauen Anteil des Lichts, während die darunterliegende Silizium-Schicht den roten Bereich einfängt. Das Zusammenspiel dieser beiden Materialien ermöglicht folglich eine deutlich höhere Lichtausbeute.
Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Erkan Aydin, Forschungsgruppenleiter an der LMU, hat diesen Ansatz nun entscheidend weiterentwickelt. Die Forschenden berichten über die erste Perowskit-Silizium-Tandemzelle, die vollständig in der Münchner Region hergestellt wurde. Zu den Kooperationspartnern des Teams gehören die Southern University of Science and Technology (SUSTech) in Shenzhen, China, die City University of Hong Kong und die King Abdullah University of Science and Technology (KAUST) in Saudi-Arabien.
Ein neuer Ansatz beim Moleküldesign
Zentrales Element der Tandemzellen ist die selbstorganisierte Monoschicht (Self-Assembled Monolayer, SAM). Diese nur wenige Nanometer dünne molekulare Schicht gewährleistet, dass elektrische Ladungen effizient zu den Ladungssammelschichten transportiert werden. Allerdings neigen herkömmliche SAMs mit einfachen Alkylketten auf pyramidenförmig strukturierten Siliziumoberflächen dazu, ungleichmäßig zu aggregieren, was die Leistungsfähigkeit der Zellen einschränkt. Um dieses Problem zu beheben, entwickelte das Forschungsteam ein spezielles Molekül, dessen besondere Struktur den Ladungstransport selbst auf rauen Oberflächen verbessert und somit die Grundlage für eine stabile Grenzfläche schafft.
Bei ihren Analysen machte das Team eine überraschende Beobachtung: Eine handelsübliche SAM-Vorstufe enthielt winzige Mengen Brom-haltiger Verunreinigungen. Diese erwiesen sich als äußerst nützlich, da sie Defekte an der Grenzfläche neutralisieren und so die Effizienz der Solarzellen steigern.
Projektleiter Aydin erklärte hierzu: „Dass eine so kleine chemische Veränderung eine derart große Wirkung entfalten kann, hat uns selbst überrascht. Diese Erkenntnis zeigt, wie entscheidend das präzise Zusammenspiel von Materialien auf molekularer Ebene für den Energieertrag neuartiger Solarzellen ist.“
Die Forschenden nutzten diese Erkenntnis und kombinierten bromierte und nicht bromierte Moleküle, um die positiven Effekte des Broms zu nutzen, ohne die chemische Stabilität zu beeinträchtigen. Ihre neu entwickelte SAM-Struktur ermöglicht eine dichtere Molekülpackung und eine bessere Passivierung der Grenzfläche – was wiederum höhere Wirkungsgrade, eine gesteigerte Stabilität und eine effizientere Ladungsextraktion bewirkt.
31,4 Prozent Effizienz
Durch diese gezielte Feinsteuerung auf Molekülebene erreichte das Team eine Effizienz der Zellen von 31,4%. Damit zählt das Team zu den weltweit führenden Laboren in der Entwicklung von Hochleistungs-Perowskit-Silizium-Tandemzellen. Besonders bemerkenswert ist, dass diese Werte auf industriell relevanten kristallinen Silizium-Bottom-Zellen erzielt wurden. Neben der Effizienzsteigerung zeigte sich auch eine verbesserte Stabilität der Zellen über längere Zeiträume, da die dichtere molekulare Packung der neuen SAMs die empfindliche Grenzfläche vor Schäden auf molekularer Ebene schützt.
Projektleiter Aydin äußerte sich zu den nächsten Schritten: „Als nächsten Schritt wollen wir zeigen, dass unsere Tandemzellen ihre Leistungsfähigkeit nicht nur im Labor unter Beweis stellen, sondern auch in beschleunigten Alterungstests, die Aufschluss über ihr Verhalten unter realen Umweltbedingungen geben.“ Er ergänzte: „Parallel dazu prüfen wir, wie sich die Technologie für den Einsatz in der Raumfahrt anpassen lässt – insbesondere für Satelliten in niedrigen Erdumlaufbahnen.“ Gerade in diesem Bereich wachse das Interesse an besonders leichten, leistungsfähigen und strahlungsresistenten Solarzellen rasant.
Quelle
Ludwig-Maximilians-Universität München (12/2025)
Publikation
Jian Huang, Letian Zhang, Cem Yilmaz, Geping Qu, Ido Zemer, Rik Hooijer, Siyuan Cai, Ali Buyruk, Hao Zhu, Meriem Bouraoui, Achim Hartschuh, Ryota Mishima, Kenji Yamamoto, Caner Deger, Ilhan Yavuz, Alex K.-Y. Jen, Esma Ugur, Stefaan De Wolf, Igal, Levine4, Zong-Xiang Xu, Erkan Aydin: Enhanced Charge Extraction in Textured Perovskite-Silicon Tandem Solar Cells via Molecular Contact Functionalization. Joule, doi: https://doi.org/10.1016/j.joule.2025.102227