Natürliche Wasserstofferzeugende Enzyme sind aufgrund ihrer Größe und extremen Sauerstoffempfindlichkeit nur schwer für die Produktion von grünem Wasserstoff einsetzbar. Forschende der Arbeitsgruppe Photobiotechnologie der Ruhr-Universität Bochum haben in Zusammenarbeit mit Partnern der Universität Potsdam dieses Problem nun umgangen: Sie haben das aus Eisenatomen bestehende katalytische Zentrum einer solchen Enzyms, der [FeFe]-Hydrogenase, in ein sogenanntes Ferredoxin übertragen. Dieses kleine Biomolekül dient in allen lebenden Organismen als Elektronenüberträger. Der so entstandene künstliche Biohybrid ist in der Lage, effizient Wasserstoff zu produzieren und dabei Elektronen aus lichtbetriebenen biologischen Systemen zu nutzen.
Abkürzung zur Wasserstoffproduktion
Wasserstoff wird weithin als sauberer Energieträger der Zukunft angesehen, doch seine nachhaltige Produktion stellt weiterhin eine erhebliche Herausforderung dar. Obwohl natürliche Enzyme, bekannt als Hydrogenasen, hoch effiziente Biokatalysatoren für die Wasserstofferzeugung sind, ist ihr industrieller Einsatz noch nicht etabliert. Diese Enzyme sind mit rund 600 Aminosäuren sehr groß und komplex und reagieren zumeist extrem empfindlich auf Sauerstoff. Hinzu kommt, dass sie hochenergetische Elektronen benötigen, die ebenfalls auf umweltfreundliche Weise bereitgestellt werden sollten.
[FeFe]-Hydrogenasen sind Enzyme, die für die Wasserstoffproduktion ein eisenhaltiges Molekül nutzen, den sogenannten Co-Faktor. Dieser Co-Faktor funktioniert ähnlich wie ein Platin-Katalysator und kann chemisch synthetisiert werden. Allerdings ist er als isoliertes Molekül inaktiv; er benötigt die umgebende Protein-Struktur, um seine maximale Leistung zu entfalten.
Den Biokatalysator vereinfachen
Die Forschenden der Ruhr-Universität Bochum verfolgten das Ziel, den hochkomplexen Hydrogenase-Biokatalysator zu vereinfachen, um seine Integration in industrielle Prozesse zu erleichtern. Sie wussten, dass in bestimmten Mikroalgen Hydrogenasen durch die Photosynthese mit Elektronen versorgt werden. Der hierfür zuständige Elektronenvermittler ist das kleine, eisenhaltige Protein Ferredoxin, welches die Elektronen direkt aus der lichtgetriebenen photosynthetischen Elektronentransportkette bezieht.
„Wir haben uns die biologisch verrückte Frage gestellt, ob man das Ganze nicht abkürzen und das Ferredoxin Wasserstoff bilden lassen kann“, erläutert Vera Engelbrecht. Und zu ihrer eigenen großen Überraschung konnten die Forschenden Ferredoxine identifizieren, die in Kombination mit dem Co-Faktor der Hydrogenase Wasserstoff bilden konnten. „Allerdings mussten wir die biologischen Synthesewege überlisten“, berichtet Yiting She. „Nur ganz bestimmte Ferredoxine konnten mit dem Co-Faktor zusammenarbeiten. Dies herauszufinden war ein langer, aber auch sehr spannender Weg.“
Erfolgreiches Zusammenspiel von Protein und Katalysator
Die hohe Aktivität des Biohybriden überraschte selbst die Forschenden. „Wir wissen, dass die Zusammenarbeit von Protein und Co-Faktor in natürlichen [FeFe]-Hydrogenasen fein abgestimmt ist“, erklärt Prof. Dr. Thomas Happe, unter dessen Leitung das Projekt durchgeführt wurde. Um dieses Phänomen genauer zu verstehen, wurde die neue Ferredoxin-Hydrogenase daher in Zusammenarbeit mit Forschenden der Universität Potsdam spektroskopisch und mittels quantenmechanischer Berechnungen charakterisiert. „Es scheint, dass das Ferredoxin-Protein eine chemisch günstige Umgebung für den Katalysator der Hydrogenase bereitstellt“, schlussfolgert Happe. Um das zu erreichen, muss der natürliche eigene Co-Faktor des Ferredoxins durch den Hydrogenase-Cofaktor mittels komplexer Synthesewege ausgetauscht werden. „Trotzdem kann das neue Protein noch Elektronen von Fotosynthesekomponenten erhalten“, freut sich Yiting She.
Damit ist dies eine wichtige Machbarkeitsstudie für ein kleines künstliches Metalloenzym, das natürliche lichtgetriebene Hydrogenasen nachahmt, dabei aber mit weniger Komponenten und kleineren Gerüsten auskommt.
Quelle
Ruhr-Universität Bochum (06/2025)
Publikation
Yiting She, Vera Engelbrecht et al.: Hydrogen Producing Catalysts Based on Ferredoxin Scaffolds, Advanced Science, 2025, DOI: 10.1002/advs.202501897
https://advanced.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/advs.202501897