Methodenmix macht Nanomaterialien sicherer

19. Dezember 2025

Die sichere Anwendung und optimale Leistungsfähigkeit von Nanomaterialien werden maßgeblich durch deren Oberflächen bestimmt. Diese entscheiden über die Interaktion mit der Umwelt sowie die allgemeine Funktionalität. Trotz ihrer zentralen Bedeutung lassen sich diese komplexen Strukturen bislang nur schwer verlässlich charakterisieren, da sie empfindlich auf Umgebungsbedingungen reagieren und unter praxisnahen Umständen kaum präzise zu erfassen sind. Oft liefern einzelne Messverfahren nur unvollständige oder zu spezifische Ergebnisse, was beispielsweise die Unterscheidung von Oberflächenbeschichtungen und anderen Stoffen erschwert.

Zwei aktuelle Studien der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) zeigen nun jedoch einen Lösungsweg auf: Nur durch die gezielte Kombination moderner Analysemethoden lassen sich wirklich belastbare Daten gewinnen. Im Rahmen dieser Untersuchungen analysierte die BAM systematisch verschiedene Nanopartikel-Typen aus den Bereichen Lebenswissenschaften und Verbraucherprodukte, wobei herkömmliche Verfahren mit neu entwickelten Methoden verglichen wurden. Damit schaffen die Forschenden eine entscheidende Grundlage für den künftigen sicheren und nachhaltigen Einsatz von Nanomaterialien.

Genauere Analyse Citrat-beschichteter Eisenoxid-Nanopartikeln

Für die erste Untersuchung wählte die BAM magnetische Eisenoxid-Nanopartikel mit einer Citrat-Beschichtung. Diese ist für die Stabilität der Partikel in wässrigen Umgebungen und damit für Anwendungen in den Lebenswissenschaften unverzichtbar. Klassische Methoden wie die Thermogravimetrie stoßen bei der exakten Bestimmung dieser Oberflächenschicht an ihre Grenzen. Deshalb setzten die Forschenden auf ein kombiniertes Verfahren aus Hochleistungsflüssigkeitschromatografie und quantitativer Kernspinresonanzspektroskopie (qNMR).

Damit die magnetischen Eigenschaften der Proben die qNMR-Messung nicht stören, wurde eigens eine neue Probenpräparation zur Entfernung der Eisenverbindungen entwickelt. Die daraus resultierende Studie liefert einen wichtigen Beitrag zu den europäischen Forschungsprojekten MetrINo und SMURFnano. Sie schafft zudem die methodische Basis für künftige Messstandards, um selbst solch herausfordernde magnetische Materialien präzise charakterisieren zu können.

Neue Ansätze zur Bestimmung funktionaler Gruppen auf Silika-Nanopartikeln

Im Fokus einer weiteren SMURFnano-Studie stand die Herausforderung, die chemischen „Andockstellen“ – sogenannte Aminogruppen – auf Silika-Nanopartikeln exakt zu quantifizieren. Diese Funktionsgruppen bestimmen maßgeblich, wie sich die Partikel mit anderen Substanzen verbinden und wie sie in biologischen Systemen wirken. Daher ist ihre genaue Kenntnis für die Sicherheit und Funktion der Materialien unerlässlich. Bisherige Einzelmethoden stießen hierbei oft an ihre Grenzen.

Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass nur eine integrative Analyse aus optischen, elektrochemischen und spektroskopischen Verfahren wie qNMR und Röntgen-Photoelektronenspektroskopie belastbare Daten liefert. Dieser synergetische Ansatz schafft eine neue Basis für die präzise Charakterisierung von Nanomaterialien, Das bringt sowohl die industrielle Qualitätskontrolle als auch die Entwicklung nachhaltiger neuer Werkstoffe entscheidend voran.

Grundlage für künftige Standards

„Unsere Studien zeigen, wie wichtig es ist, verschiedene Messmethoden zu kombinieren, um die tatsächliche Funktionalität und Sicherheit von Nanomaterialien zu bewerten“, erklärt Ute Resch-Genger. „Gemeinsam mit den entwickelten und validierten Messverfahren und Referenzdaten ist dies ein entscheidender Schritt für die Entwicklung nachhaltiger und leistungsfähiger Nanomaterialien und ihren sicheren Einsatz.“

Die Arbeiten liefern wichtige Grundlagen für zukünftige Standards in der Nanomaterial-Analytik, wie etwa ISO TC229 Nanotechnologies.

Quelle

Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) (12/2025)

Publikation

Quantifying surface groups on aminated silica nanoparticles of different size, surface chemistry, and porosity with solution NMR, XPS, optical assays, and potentiometric titration
Isabella Tavernaro, Isabelle Rajotte, Marie-Pier Thibeault, Philipp C. Sander, Oltion Kodra, Gregory Lopinski, Jörg Radnik, Linda J. Johnston, Andreas Brinkmann and Ute Resch-Genger
https://pubs.rsc.org/en/content/articlelanding/2025/na/d5na00794a

Quantifying Citrate Surface Ligands on Iron Oxide Nanoparticles with TGA, CHN Analysis, NMR, and RP-HPLC with UV Detection
Anna Matiushkina, Sarah-Luise Abram, Isabella Tavernaro, Robert Richstein, Michael R. Reithofer, Elina Andresen, Matthias Michaelis, Matthias Koch, Ute Resch-Genger*
https://pubs.acs.org/doi/10.1021/acs.analchem.5c03024

Expanding the Toolbox of Simple, Cost-Efficient, and Automatable Methods for Quantifying Surface Functional Groups on Nanoparticles – Potentiometric Titration
Isabella Tavernaro, Philipp C. Sander, Elina Andresen, Uwe Schedler, Ute Resch-Genger
https://pubs.acs.org/doi/full/10.1021/acsmeasuresciau.5c00062

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