Metallorganische Gerüste mit metallischer Leitfähigkeit

18. Juni 2025

Metallorganische Gerüstverbindungen, besser bekannt als MOFs (metal-organic frameworks), sind aufgrund ihrer hohen Porosität und anpassbaren Struktur vielversprechende Materialien mit enormem Potenzial, beispielsweise für Anwendungen in der Elektronik. Bislang schränkte jedoch ihre geringe elektrische Leitfähigkeit ihren Einsatz erheblich ein. Einem Forschungsteam des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) ist nun, in Zusammenarbeit mit Kolleg:innen aus Deutschland und Brasilien, ein entscheidender Durchbruch gelungen: Mithilfe von KI- und robotergestützter Synthese in einem selbststeuernden Labor konnten sie eine MOF-Dünnschicht anfertigen, die Strom wie Metalle leitet. Dies eröffnet völlig neue Möglichkeiten in der Elektronik und der Energiespeicherung.

MOFs bestehen aus metallischen Knotenpunkten und organischen Streben und werden bereits in Bereichen wie der Katalyse, Stofftrennung und Gasspeicherung eingesetzt. Den Forschenden am Institut für Funktionelle Grenzflächen (IFG) und am Institut für Nanotechnologie (INT) des KIT sowie an der Universität Göttingen, der Freien Universität Berlin und der staatlichen Universität São Paulo in Brasilien ist es nun erstmals gelungen, ein MOF in Form einer Dünnschicht herzustellen, das sich wie ein Metall verhält und eine hohe Leitfähigkeit aufweist.

Neues Herstellungsverfahren minimiert Defekte in MOFs

Die metallische Leitfähigkeit in MOFs wurde bereits theoretisch vorhergesagt, in der Praxis wurde sie jedoch bisher nur in Ausnahmefällen verwirklicht – und noch nie in der für technische Anwendungen entscheidenden Dünnschichtform. Bei dieser werden dünne Schichten des MOF auf einem Träger aufgebracht. „Die Ursache für die geringe elektrische Leitfähigkeit sind Defekte wie etwa Grenzflächen zwischen Kristalldomänen“, erklärt Professor Christof Wöll, Leiter vom IFG des KIT. „Solche Strukturfehler behindern den Elektronentransport. Mit unserem neuen Herstellungsverfahren haben wir die Dichte dieser Defekte deutlich reduziert.“

KI-gestützte Synthese ermöglicht metallische Leitfähigkeit

Das Forschungsteam nutzte KI- und robotergestützte Synthese in einem selbststeuernden Labor, um Dünnschichten des MOF-Materials Cu₃(HHTP)₂ zu optimieren. Dieser innovative Ansatz ermöglichte eine präzise Kontrolle der Kristallinität und Domänengröße des Materials. Dadurch gelang es, in Cu₃(HHTP)₂-Dünnschichten bei Raumtemperatur beeindruckende Leitfähigkeiten von über 200 Siemens pro Meter zu erzielen – bei tiefen Temperaturen von minus 173,15 Grad Celsius konnten sogar noch höhere Werte erreicht werden. Dies ist ein klares Kennzeichen für metallisches Verhalten und ebnet somit den Weg für den Einsatz von MOF-Dünnschichten in elektronischen Bauteilen.

Optimiertes MOF ermöglicht Untersuchung ungewöhnlicher Transportphänomene

Theoretische Untersuchungen zeigen weterhin, dass das MOF-Material Cu₃(HHTP)₂ Dirac-Kegel aufweist – das sind spezielle elektronische Zustände, wie sie z.B. auch bei Graphen zu finden sind. „Damit eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten, um ungewöhnliche Transportphänomene wie Spin-Flüssigkeiten, in denen auch bei tiefen Temperaturen die Quantenspins ungeordnet bleiben, oder das sogenannte Klein-Tunneln, das heißt die Durchtunnelung von Barrieren durch sehr schnelle Teilchen, experimentell zu untersuchen“, sagt Wöll.

Mit dieser Studie stellen die Forschenden somit nicht nur ein neues Verfahren zur Herstellung leitfähiger MOF-Filme für den Einbau in elektronische Bauteile vor. Sie erschließen MOFs zugleich für viele neue Anwendungsfelder. „Die Kombination von automatisierter Synthese, vorausschauender Materialcharakterisierung und theoretischer Modellierung eröffnet neue Perspektiven für den Einsatz von MOFs in der Elektronik der Zukunft – von Sensorik über Quantenmaterialien bis hin zu maßgeschneiderten Funktionsmaterialien mit gezielt einstellbaren elektronischen Eigenschaften“, so Wöll.

Quelle

Karlsruher Institut für Technologie (06/2025)

Publikation

Chatrawee Scheiger, Jonas F. Pöhls, Mersad Mostaghimi, Lena Pilz, Mariana Kozlowska, Yidong Liu, Lars Heinke, Carlos Cesar Bof Bufon, R. Thomas Weitz, Wolfgang Wenzel and Christof Wöll: Dirac-cone induced metallic conductivity in Cu₃(HHTP)₂: high-quality MOF thin films fabricated via ML-driven robotic synthesis. Materials Horizons, 2025. DOI:
10.1039/d5mh00813a
https://pubs.rsc.org/en/content/articlelanding/2025/mh/d5mh00813a

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