Forschende aus Kiel und Hamburg haben erstmals gezeigt, dass sich einzelne Atome auf einer magnetischen Oberfläche gezielt in eine bestimmte Richtung bewegen lassen. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für die kontrollierte Atombewegung in der Nanotechnologie und Datenspeicherung.
Normalerweise bewegen sich einzelne Atome auf Oberflächen eher zufällig, hauptsächlich beeinflusst durch die Symmetrie der Oberfläche. Dieser Prozess, bekannt als „Diffusion“, ist entscheidend für die Herstellung von Halbleitern, in Katalysatoren und beim Aufbau von Nanostrukturen. Schon länger gab es die Vermutung, dass Magnetismus die Bewegung einzelner Atome beeinflussen könnte.
Nun konnten Wissenschaftler der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und der Universität Hamburg experimentell bestätigen: Atome können auf einer magnetischen Oberfläche gezielt in eine Richtung gelenkt werden.
Gezielte Bewegung statt Zufall
Das Forschungsteam konnte diesen Nachweis mithilfe eines Rastertunnelmikroskops erbringen. Bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt, genauer gesagt bei vier Kelvin, platzierten sie einzelne Atome wie Kobalt, Rhodium und Iridium auf einer hauchdünnen, nur eine Atomlage dicken Mangan-Schicht. Diese Mangan-Schicht war zuvor präzise auf eine Rhenium-Oberfläche aufgedampft worden. Durch diesen Aufbau entstand eine äußerst präzise definierte, magnetisch geordnete Oberfläche, deren magnetische Eigenschaften der einzelnen Atomreihen genau bekannt sind.

© UHH/MIN/Kubetzka
Dabei zeigte sich ein bemerkenswertes Phänomen: Obwohl diese Schicht eine symmetrische, sechseckige Struktur aufweist, bewegten sich die Atome nach einem kurzen Stromimpuls nicht zufällig in eine der sechs möglichen Richtungen. Stattdessen folgten sie stets den magnetischen Reihen – selbst wenn die Atome selbst nicht magnetisch waren, wie es bei Rhodium oder Iridium der Fall ist.
Quantenmechanik liefert die Erklärung
„Solche Bewegungen waren bislang theoretisch vorhergesagt, aber nie experimentell nachgewiesen“, sagt Professor Stefan Heinze vom Institut für Theoretische Physik und Astrophysik der CAU. Gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Soumyajyoti Haldar führte er quantenmechanische Rechnungen auf den Supercomputern des Verbunds für Nationales Hochleistungsrechnen (NHR) in Berlin durch, um das Phänomen zu erklären. Die Simulationen der Forschenden enthüllen, dass es für die Atome energetisch vorteilhafter ist, sich entlang der magnetischen Reihen zu bewegen statt quer dazu. Dies liegt an einer magnetischen Wechselwirkung zwischen dem Atom und den Atomen der Oberfläche, die man sich wie winzige Stabmagnete vorstellen kann.
Bei Atomen magnetischer Elemente wie Kobalt entsteht diese Wechselwirkung durch ihr eigenes magnetisches Moment. Interessanterweise wird bei Atomen nicht-magnetischer Elemente wie Rhodium oder Iridium ein kleines magnetisches Moment erst durch die Wechselwirkung mit der Oberfläche induziert, was dann ihre Bewegungsrichtung beeinflusst. Infolgedessen bewegen sich die Atome bevorzugt entlang der magnetischen Reihen der Oberfläche, wie in der schematischen Darstellung veranschaulicht.

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Diese neuen Erkenntnisse widerlegen die bisherige Annahme, dass Magnetismus für die Bewegung einzelner Atome keine Rolle spielt. „Magnetische Eigenschaften einer Oberfläche können die Beweglichkeit einzelner Atome beeinflussen“, sagt Soumyajyoti Haldar. „Das eröffnet neue Möglichkeiten, atomare Bewegungen gezielt zu steuern – etwa für Anwendungen in der Nanotechnologie, der Datenspeicherung oder bei der Entwicklung neuartiger Materialien.“
Quelle: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (06/2025)
Publikation:
Zahner F., Haldar S., Wiesendanger R. et al. Anisotropic atom motion on a row-wise antiferromagnetic surface. Nature Communication (2025). doi.org/10.1038/s41467-025-60086-9
https://doi.org/10.1038/s41467-025-60086-9