Langlebige Kondensstreifen meistens in natürlichen Eiswolken gebildet

13. November 2025

Ein Forscherteam des Forschungszentrums Jülich, der Universität zu Köln, der Bergischen Universität Wuppertal und der JGU Mainz hat durch Beobachtungsdaten systematisch untersucht, wo langlebige Kondensstreifen entstehen. Die zentrale Erkenntnis: Langlebige Kondensstreifen entstehen überwiegend nicht im wolkenfreien Himmel, sondern innerhalb bereits bestehender Eiswolken (Zirren).

Genauer gesagt bilden sich mehr als 80 Prozent dieser langlebigen Streifen in natürlichen Zirren. Obwohl die Klimaauswirkungen dieser Entstehungsweise noch weiterer Klärung bedürfen, liefert die Studie wichtige Argumente, um bei der klimaangepassten Planung von Flugrouten zukünftig die vorhandene Bewölkung zu berücksichtigen.

Effekt natürlicher und menschengemachter Eiswolken auf das Klima

Kondensstreifen sind das sichtbare Ergebnis der Vermischung von heißen Flugzeugabgasen mit der kalten Luft in rund zehn Kilometern Höhe. Während sich die meisten in trockener Luft schnell auflösen, können sie in kalter, feuchter Umgebung über Stunden hinweg persistieren und sich zu ausgedehnten Eiswolken (Zirren) entwickeln. Diese menschengemachten Zirren – dünne Eisschleier in etwa acht bis zwölf Kilometern Höhe – haben in der Summe eine größere Klimawirkung als die direkten CO2​-Emissionen des Flugverkehrs.

Entscheidend für ihren Klimaeffekt ist, ob sie im wolkenfreien Himmel oder innerhalb bereits existierender natürlicher Zirren entstehen. Generell wirken diese hohen Eiswolken (die bei Temperaturen unter −40∘C existieren) wie ein Mantel, der die Wärmeabstrahlung ins Weltall verhindert und somit zum Treibhauseffekt beiträgt. Eine kühlende Wirkung tritt nur dann auf, wenn die Wolken sehr dicht sind und eine signifikante Menge an Sonnenstrahlung zurück ins All streuen.

Kondensstreifen

Langlebige Kondensstreifen entstehen überwiegend nicht im wolkenfreien Himmel, sondern innerhalb bereits bestehender Eiswolken.

Kondensstreifen zwischen Treibhauseffekt und Reflexion

Entsprechend wirken die aus Kondensstreifen entstehenden künstlichen Wolken je nach Umgebung unterschiedlich auf das Klima: Unter klaren Bedingungen – beispielsweise bei blauem Himmel oder in sehr dünnen Zirren – tragen sie eher zur Erwärmung bei. Der Grund ist, dass sie einen Teil der von der Erde abgestrahlten Wärme zurückhalten, die sonst ins Weltall entweichen würde. Gkeichzeitig würde das Sonnenlicht weitgehend durchgelassen. In dichten, deutlich sichtbaren Zirren hingegen kann der gegenteilige Effekt eintreten: Die Kondensstreifen reflektieren mehr Sonnenlicht, als sie Wärmestrahlung aufnehmen, was zu einer leichten Abkühlung führt. Wie genau sich Kondensstreifen und natürliche Zirren gegenseitig beeinflussen, ist bislang jedoch kaum verstanden.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass wir die Klimawirkung von Kondensstreifen künftig differenzierter betrachten müssen“, sagt Prof. Dr. Andreas Petzold. „Wenn die meisten langlebigen Kondensstreifen ohnehin in natürlichen Wolken auftreten, könnte es sinnvoller sein, klimarelevante Flugrouten nicht nur nach wolkenfreiem Himmel, sondern auch nach bestehenden Eiswolkenstrukturen zu planen.“

Für die Studie nutzte das Forschungsteam Messdaten für Temperatur und Wasserdampf, die zwischen 2014 und 2021 von Verkehrsflugzeugen über dem Nordatlantik erfasst wurden. Diese Flugzeuge sind Teil der Europäischen Forschungsinfrastruktur IAGOS (In-service Aircraft for a Global Observing System), die vom Forschungszentrum Jülich mitkoordiniert wird. Die IAGOS-Flugzeuge sind weltweit einzigartig. Sie sind mit speziellen Messgeräten ausgestattet, um kontinuierlich Atmosphärendaten während des regulären Linienbetriebs zu sammeln.

Modellberechnungen zur Strahlungswirksamkeit

Die Forschendenie haben die Auswertung der Daten durch Modellberechnungen zur Strahlungswirksamkeit ergänzt. „Unsere Analyse zeigt, dass Kondensstreifen in dicken Zirren tatsächlich kaum einen Effekt haben“, sagt Prof. Dr. Peter Spichtinger. „Allerdings sind weitere Effekte in komplexeren Szenarien, beispielsweise bei mehreren übereinanderliegenden Schichten von Kondensstreifen und Zirren, schwierig abzuschätzen und werden zukünftig genauer untersucht.“

Die Ergebnisse der Studie fließen in laufende internationale Aktivitäten der Weltwetterorganisation (WMO), der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO), der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) sowie der Luftfahrtindustrie ein. Ziel ist eine tragfähige Flugplanungsstrategie, um klimawirksame Kondensstreifen künftig zu reduzieren. So sollen Flugrouten entsprechend klimaschonend geplant werden. Auch in Zukunft werden IAGOS-Flugzeuge eine zentrale Rolle bei der Bewertung solcher Strategien spielen.

Quelle

Johannes Gutenberg-Universität Mainz (11/2025)

Publikation

Andreas Petzold, Neelam F. Khan, Yun Li, Peter Spichtinger, Susanne Rohs, Susanne Crewell, Andreas Wahner, and Martina Krämer: Most long-lived contrails form within cirrus clouds with uncertain climate impact, Nature Communications 16, 9695 (2025)
https://doi.org/10.1038/s41467-025-65532-2

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