Kleinste Leuchtdiode der Welt

2. Dezember 2025

Forschenden der ETH Zürich gelang es, organische Leuchtdioden (OLED) auf der Nanoskala herzustellen. Diese winzigen Pixel sind rund hundertmal kleiner als eine menschliche Zelle.

Die Miniaturisierung ist traditionell die zentrale Triebkraft der Halbleiterindustrie und der enorme Leistungszuwachs von Computern basiert maßgeblich auf immer kleineren Strukturen. Nun ist es den Chemieingenieur:innen der ETH Zürich gelungen, die heute in Premium-Handys und TV-Bildschirmen verwendeten OLEDs um gleich Größenordnungen zu verkleinern. Damit eröffnen sich nicht nur Möglichkeiten für ultrascharfe Bildschirme und Mikroskope, sondern die extrem kleinen Pixel machen auch neuartige Wellenoptik-Anwendungen denkbar.

Miniaturisiert in einem Schritt

Leuchtdioden (LED) sind elektronische Halbleiterchips, die elektrischen Strom in Licht umwandeln. Den Chemieingenieur:innen Jiwoo Oh und Tommaso Marcato ist es gelungen, die Miniaturisierung in diesem Bereich revolutionär voranzutreiben.

„Der Durchmesser der bisher kleinsten OLED-Pixel, die wir entwickelt haben, erreicht den Bereich von 100 Nanometern“, erklärt Jiwoo Oh, der das neue Fabrikationsverfahren gemeinsam mit Tommaso Marcato entwickelte. Damit sind die Pixel etwa 50-mal kleiner als der bisherige Stand der Technik. Marcato ergänzt, dass die maximale Pixeldichte damit in einem einzigen Schritt rund 2500-mal größer ist als zuvor. Zum Vergleich: Das Miniaturisierungstempo bei Computerprozessoren folgte bis in die 2000er-Jahre dem Mooreschen Gesetz, wonach sich die Dichte der elektronischen Elemente alle zwei Jahre verdoppelte.

Bildschirme, Mikroskope und Sensoren

Pixel im Größenbereich von 100 bis 200 Nanometern bilden die Grundlage für ultrahochauflösende Bildschirme, die gestochen scharfe Bilder beispielsweise in Brillen, die nah am Auge getragen werden, ermöglichen könnten. Um dies zu demonstrieren, hat das Forschungsteam das ETH Zürich Logo aus 2800 Nano-OLEDs dargestellt; dieses ist nur so groß wie eine menschliche Zelle, wobei jedes Pixel etwa 200 Nanometer (0,2 Mikrometer) misst. Die bisher kleinsten von den ETH-Forschenden entwickelten Pixel erreichen sogar den Bereich von 100 Nanometern.

Darüber hinaus könnten diese winzigen Lichtquellen zur Fokussierung von hochauflösenden Mikroskopen im Sub-Mikrometerbereich beitragen. Der Professor für technische Chemie erklärt dazu: „Ein Nano-Pixel-Feld als Lichtquelle könnte kleinste Bereiche einer Probe durchleuchten – die Einzelbilder ließen sich dann im Computer zu einem extrem detaillierten Bild zusammensetzen.“ Ferner sieht er Nano-Pixel potenziell als winzige Sensoren, die in der Lage wären, beispielsweise Signale einzelner Nervenzellen zu detektieren.

Nano-Pixel erzeugen optische Welleneffekte

Die kleinen Dimensionen der Nano-OLEDs eröffnen der Forschung und Technik völlig neue, bisher nicht realisierbare Möglichkeiten, wie Marcato hervorhebt. Das Entscheidende liegt im sogenannten Beugungslimit: Wenn zwei gleichfarbige Lichtwellen enger beieinander liegen als die Hälfte ihrer Wellenlänge (welche für sichtbares Licht zwischen etwa 200 und 400 Nanometern liegt), wechselwirken sie miteinander, anstatt unabhängig zu schwingen. Da sich die Nano-OLEDs der ETH-Forschenden so eng platzieren lassen, kann diese Grenze unterschritten werden.

Dieses Prinzip der wechselwirkenden Wellen lässt sich mit dem Werfen von zwei Steinen in einen See veranschaulichen: Wo die kreisförmigen Wasserwellen aufeinandertreffen, entsteht ein geometrisches Muster aus Wellenbergen und Wellentälern. Auf ähnliche Weise können geschickt angeordnete Nano-OLEDs optische Welleneffekte erzeugen, bei denen sich das Licht benachbarter Pixel gegenseitig verstärken oder auslöschen kann.

Lichtrichtung und Polarisation manipulieren

In ersten Experimenten konnte das Team von Shih demonstrieren, dass sich durch solche Wellenwechselwirkungen die Richtung des ausgestrahlten Lichts gezielt manipulieren lässt. Anstatt das Licht gleichmäßig in alle Richtungen über dem Chip abzustrahlen, können die OLEDs ihr Licht nur noch in ganz bestimmten Winkeln bündeln. „Man wird künftig auch das Licht einer Nano-OLED-Matrix in eine Richtung bündeln und damit leistungsstarke Mini-Laser konstruieren können“, erwartet Marcato.

Das Forschungsteam hat bereits demonstriert, dass sich durch diese Wellen-Wechselwirkungen auch polarisiertes Licht erzeugen lässt. Solches Licht findet beispielsweise in der Medizin Anwendung, um gesundes Gewebe von Krebsgewebe zu unterscheiden.

Die modernen Funk- und Radartechniken verdeutlichen das volle Potenzial dieser Wechselwirkungen. Sie nutzen diese bei Wellenlängen von Millimetern bis zu Kilometern schon seit Längerem. Dort kommen sogenannte Phased-Array-Anordnungen zum Einsatz, um Sender- oder Antennensignale gezielt auszurichten und zu fokussieren. Ähnliche Technologien könnten im optischen Spektrum zukünftig dabei helfen, die Informationsübertragung in Datennetzwerken und in Computern weiter zu beschleunigen.

Keramik-Membran macht den Unterschied

Bisher wurden bei der Fabrikation von OLED die lichtausstrahlenden Moleküle nachträglich auf die Silizium-Chips aufgedampft. Für diesen Prozess sind relativ dicke Metallmasken nötig, was zur Folge hat, dass entsprechend größere Pixel entstehen. Den entscheidenden Schub in Sachen Miniaturisierung ermöglicht nun die Verwendung eines speziellen keramischen Materials, wie Oh erklärt: „Silizium-Nitrid kann sehr dünne und trotzdem belastbare Membranen bilden, die auf Flächen im Quadratmillimeter-Bereich nicht durchhängen.“

Somit konnten die Forschenden rund 3000-mal dünnere Schablonen für die Platzierung der Nano-OLED-Pixel anfertigen. „Unsere Methode hat zudem den Vorteil, dass sie sich direkt in die Standard-Lithografie-Verfahren für die Produktion von Computerchips integrieren lässt“, betont Oh.

Ein Weg zu neuen Technologien

Die Entwicklung der neuen Nano-Leuchtdioden erfolgte im Rahmen eines Consolidator Grants, den Professor Shih 2024 vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) erhielt. Aktuell konzentrieren sich die Forschenden darauf, ihre Methode zu optimieren. Im Fokus steht dabei neben einer weiteren Miniaturisierung der Pixel vor allem auch deren Kontrolle.

„Unser Ziel ist es, die OLED so zu verschalten, dass wir sie einzeln steuern können“, führt Shih aus. Die Optimierung und gezielte Kontrolle der Nano-Pixel ist notwendig, um das volle Potenzial der Wechselwirkungen zwischen den Lichtpixeln auszuschöpfen. Gezielt steuerbare Nano-Pixel könnten insbesondere den Weg für neuartige Anwendungen der Phased-Array-Optik ebnen, einer Technologie, mit der sich Lichtwellen elektronisch lenken und fokussieren lassen.

Bereits in den 1990er-Jahren wurde postuliert, dass die Phased-Array-Optik holographische Projektionen aus zweidimensionalen Bildschirmen ermöglichen würde. Shih denkt sogar weiter: Er sieht vor, dass Gruppen von wechselwirkenden OLEDs künftig zu sogenannten Meta-Pixeln gebündelt und präzise im Raum platziert werden könnten. „Auf diese Weise liessen sich etwa 3D-Bilder rund um die Betrachtenden herum realisieren.“

Quelle

Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich) (11/2025)

Publikation

Marcato T, Oh J, Lin ZH, Tian T, Gogoi A, Shivarudraiah SB, Kumar S, Rajan AG, Zeng S, Shih CJ: Scalable nanopatterning of organic light-emitting diodes beyond the diffraction limit, Nature Photonics, 31. Oktober 2025, doi: 10.1038/s41566-025-01785-z [https://doi.org/10.1038/s41566-025-01785-z]

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