Kajal aus der Eisenzeit im Iran nach bisher unbekanntem Rezept

10. Juli 2025

Ein internationales Forschungsteam um Dr. Silvia Amicone von der Arbeitsgruppe Archäometrie der Universität Tübingen hat eine bemerkenswerte Entdeckung gemacht: Schwarzes Augen-Make-up aus dem 9. bis 7. Jahrhundert v. Chr., gefunden auf der Friedhofsstätte Kani Koter im heutigen Nordwesten Irans, enthielt natürlichen Graphit und Manganoxid. Dies unterscheidet es deutlich vom damals im Mittleren Osten weit verbreiteten Kajal, der üblicherweise auf Bleibasis hergestellt wurde. Diese einzigartige Rezeptur bietet neue Einblicke in die kosmetischen Praktiken im früheren Mittleren Osten und beleuchtet die materielle Kultur am Rande des Assyrischen Reiches.

Bei der Fundstätte Kani Koter handelt es sich um einen Friedhof, auf dem in der Eisenzeit Tote bestattet wurden. „Darunter sind auch Gräber der früheren Eliten mit reichen Grabbeigaben“, berichtet Dr. Shelir Amelirad von der Universität Heidelberg. Bei den Ausgrabungen wurden Gegenstände zur Körperpflege entdeckt, darunter Spiegel, Make-up-Applikatoren und ein Keramikgefäß, das einen schwarzen Puder enthielt. Diese Artefakte zeigten asssyrische Stilelemente. Ein Forschungsteam hat den schwarzen Puder anschließend mit verschiedenen wissenschaftlichen Methoden analysiert.

Lokal verfügbare Ressourcen

„Unsere Befunde offenbarten ein völlig neues Kajalrezept“, sagt Silvia Amicone. „Statt Blei oder organischen Inhaltsstoffen, wie sie typischerweise in alten Rezepturen zu finden sind, wurde hier Graphit verwendet, was gut auf der Haut haftet und ihr ein auffällig schimmernd metallisches Aussehen verliehen haben dürfte.“ In der Make-up-Mischung seien keine organischen Stoffe entdeckt worden. „Wir können heute nicht sagen, ob auf solche Zutaten bewusst verzichtet wurde, oder ob sie über die Zeit zersetzt wurden“, fügt Amicone hinzu. Der Gebrauch von schwarzem Hartmanganerz und natürlichem Graphit deute auf die kreative Verwendung von lokal verfügbaren Ressourcen aus dem mineralreichen Zagros-Gebirge hin.

„Die Entdeckung fügt unserem Wissen über den persönlichen Schmuck der Menschen und ihr Auftreten in der früheren Welt neue Details hinzu. So erfahren wir vor allem mehr über das kulturelle Leben der Eliten im Gebiet zwischen Assyrien und dem Iran“, fasst die Forscherin die Ergebnisse zusammen.

Professorin Dr. Dr. h.c. (Dōshisha) Karla Pollmann kommentiert die Entdeckung: „Die Analyse einer Grabbeigabe öffnet hier ein Fenster in eine frühere Welt, die unserer heutigen in überraschenden Details ähneln kann. Unsere Forscherinnen und Forscher fügen durch den Einsatz moderner naturwissenschaftlicher Methoden dem Wissen über die kulturelle Entwicklung der Menschen immer wieder neue Bausteine hinzu.“

Quelle

Eberhard Karls Universität Tübingen (07/2025)

Publikation

Silvia Amicone, Baptiste Solard, Shelir Amelirad, Eghbal Azizi, Lara Maritan, Maxime Rageot, Christoph Berthold, Karen Radner: Eye makeup in Northwestern Iran at the time of the Assyrian Empire: a new kohl recipe based on manganese and graphite from Kani Koter (Iron Age III). Archaeometry, https://doi.org/10.1111/arcm.13097

Nach oben scrollen