Hinter den Kulissen der Ammoniaksynthese

24. September 2025

In Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion und dem Chemieunternehmen Clariant hat ein Forschungsteam des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft neue Erkenntnisse über die komplexen Katalysatorsysteme gewonnen, die in der industriellen Ammoniakproduktion zum Einsatz kommen. Die Studie untersuchte die strukturelle Entwicklung dieser Katalysatoren und beleuchtet dabei die entscheidende Rolle von Promotoren zur Verbesserung ihrer Leistung und Stabilität.

Wichtige Aspekte

Die Katalysatoraktivierung wird als der entscheidende Schritt zur Bildung des aktiven Katalysators identifiziert. Dabei spielen Promotoren eine wichtige Rolle, indem sie zementartige Phasen bilden, die die Leistung des Katalysators verbessern. Ihre Verteilung innerhalb des Katalysators ist zudem entscheidend für die Erhöhung der Aktivität und Stabilität des Systems. Die aktive Struktur des Katalysators besteht aus einer speziellen Form von porösem Eisen, das von mobilen Kaliumarten bedeckt ist. Mineralphasen, die Oxide von Aluminium, Silizium und Kalzium enthalten, tragen zusätzlich zur strukturellen Stabilität bei.

Enthüllung der Geheimnisse des Katalysators

Das Haber-Bosch-Verfahren, ein Eckpfeiler der industriellen Ammoniakproduktion, ist seit über einem Jahrhundert weitgehend unverändert geblieben. Forschende der Abteilungen Anorganische Chemie und Interface Science des Fritz-Haber-Instituts, des Max-Planck-Instituts für Chemische Energiekonversion und Clariant haben jedoch bedeutende Fortschritte im mechanistischen Verständnis des hochkomplexen industriellen Katalysators gemacht, der diesen Prozess antreibt. Durch den Einsatz fortschrittlicher Charakterisierungstechniken wie der operando Rasterelektronenmikroskopie und der Röntgen-Photoelektronenspektroskopie bei nahezu Umgebungsdruck hat das Team die komplexen Wechselwirkungen innerhalb der multipromotierten Ammoniaksynthesekatalysatoren entschlüsselt.

Der korrespondierende Autor Prof. Thomas Lunkenbein erklärte: „Unsere Forschung bietet ein tieferes Verständnis der inneren Funktionsweise des Katalysators und zeigt, wie Promotoren und strukturelle Transformationen zu seiner Effizienz und Stabilität beitragen. Dieses Wissen ist entscheidend für die Entwicklung der nächsten Generation von Katalysatoren, die sowohl effektiver als auch nachhaltiger sind.“

Die entscheidende Rolle der Aktivierung

Die Studie belegt, dass die Aktivierungsphase entscheidend für die Bildung des aktiven Katalysators ist. Während dieses Prozesses trägt das Zusammenspiel verschiedener Promotorphasen dazu bei, die Katalysatorstruktur in eine poröse Einheit umzuwandeln. Diese Einheit entwickelt eine spezielle Oberflächenabdeckung, die maßgeblich für die verbesserte Leistung und Langlebigkeit des Katalysators ist.

Promotoren: Die unbesungenen Helden

Promotoren wie Kalium-, Kalzium- und Aluminiumoxide spielen eine entscheidende Rolle bei der Stabilisierung der Katalysatorstruktur und der Steigerung ihrer Aktivität. Sie bilden zementartige Phasen, die den Katalysator robust und effizient machen und es ihm ermöglichen, die Ammoniaksynthese über lange Zeiträume aufrechtzuerhalten. Zudem wurde Ammoniak K, eine spezielle Form hochdisperser K+-Spezies, als Taktgeber der katalytischen Reaktion identifiziert. Die Studie unterstreicht die Bedeutung der hierarchisch porösen Struktur des Katalysators, die durch Mineralphasen stabilisiert wird. Diese spezielle Architektur erhöht nicht nur die Haltbarkeit und Widerstandsfähigkeit des Katalysators, sondern sorgt auch für eine konstante Leistung unter industriellen Bedingungen.

Ein Erbe der Innovation

Das Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft blickt auf eine lange Tradition in der Ammoniaksynthese zurück, die die moderne industrielle Chemie maßgeblich geprägt hat. Institutsnamensgeber Fritz Haber erhielt 1918 den Nobelpreis für Chemie für seine bahnbrechende Arbeit zur Synthese von Ammoniak aus seinen Elementen, einem Prozess, der die Herstellung landwirtschaftlicher Düngemittel revolutionierte. Jahre später, im Jahr 2007, wurde auch der ehemalige Direktor des Instituts, Gerhard Ertl, mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet. Seine Studien zu chemischen Prozessen auf festen Oberflächen vertieften das Verständnis katalytischer Reaktionen und lieferten wichtige Einblicke in die Ammoniaksynthese. Diese Tradition der herausragenden Forschung inspiriert bis heute die Arbeit des Instituts und zeigt sich in den jüngsten Erkenntnissen über die komplexen industriellen Katalysatorsysteme zur Ammoniakproduktion.

Fazit

Die Studie liefert wertvolle Einblicke in die komplexen Dynamiken von Ammoniaksynthesekatalysatoren und könnte den Weg für künftige Innovationen in der industriellen Chemie ebnen. Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, die dynamische Natur der aktiven katalytischen Oberflächen während des Prozesses zu berücksichtigen. Durch das Verständnis der Rolle von Promotoren und der Bedeutung des Aktivierungsprozesses können Forschende nachhaltigere und effizientere Katalysatoren für die Ammoniakproduktion entwickeln. Das Team würdigt die Expertise und den Beitrag von Prof. Dr. Robert Schlögl, der diese wichtige wissenschaftliche Arbeit geleitet hat.

Quelle

Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft (09/2025)

Publikation

https://www.nature.com/articles/s41467-025-63061-6

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