Forschende des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie zeigten, dass Harnstoff eine wesentliche Energiequelle für ammoniak-oxidierende Archaeen (AOA) im offenen Ozean ist, während AOA in Küstengewässern Ammonium bevorzugen. Die in Nature Communications veröffentlichte Studie legt nahe, dass organischer Stickstoff für die Produktivität der Ozeane wichtiger ist als bisher angenommen.
Ammoniak-oxidierende Archaeen (AOA) sind zentrale und häufige Mikroorganismen im Meer, deren Wachstum im nährstoffarmen offenen Ozean Forschende lange Zeit vor Rätsel stellte, da ihre Hauptnährstoffquelle, Ammonium, dort spärlich ist. Eine neue Studie unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen löst dieses Problem: Einige AOA nutzen neben Ammonium auch Harnstoff, eine weit verbreitete organische Stickstoffverbindung, als Energie- und Stickstoffquelle.
Das Forschungsteam untersuchte die zwei wichtigsten AOA-Gruppen im Meer: Nitrosopumilus (Küsten) und Nitrosopelagicus (offener Ozean). Die Studie nutzte Expeditionsdaten aus drei stark unterschiedlichen Regionen – dem Golf von Mexiko (ammoniumreich), dem Angola-Wirbel (ammoniumarm) und dem Schwarzen Meer (variierende Ammoniumkonzentrationen). Die Ergebnisse erklären, warum die unterschiedlichen AOA-Gruppen in diesen spezifischen Meeresregionen leben.
Zwei Mikroorganismen, zwei Strategien
Die Max-Planck-Forschenden zeigen, dass die Küstengattung Nitrosopumilus vorrangig Ammonium nutzt und Harnstoff nur bei dessen Knappheit. „Nitrosopumilus wächst schnell, wenn Ammonium verfügbar ist. Damit ist die Gattung gut gerüstet für das Leben in ammoniumreichen Küstengewässern“, erklärt Erstautorin Jördis Stührenberg.
Die Gattung Nitrosopelagicus aus dem offenen Ozean verhält sich anders: Sie nutzt Ammonium und Harnstoff gleichermaßen gut, selbst bei reichlich Ammonium. Diese Anpassung an nährstoffarme Gewässer ist entscheidend. „Nitrosopelagicus-Zellen haben mehr Möglichkeiten“, sagt Erstautorin Katharina Kitzinger. „Wenn sowohl Ammonium als auch Harnstoff vorhanden sind, können sie ihre Wachstumsrate sogar verdoppeln, indem sie beides gleichzeitig nutzen.“
Diese Forschungsarbeit legt nahe, dass Harnstoff und andere organische Stickstoffverbindungen eine größere Rolle für die Produktivität der Ozeane spielen könnten als bisher angenommen, da die meisten Untersuchungen auf Ammonium basieren. „Wir unterschätzen womöglich die Nitrifikationsraten in den ausgedehnten, nährstoffarmen Meeresgebieten“, sagt Mitautorin Hannah Marchant.
Einzelzell-Nachweis für unterschiedliche Lebensweisen
Um die Stickstoffquellen von Nitrosopumilus und Nitrosopelagicus genau zu bestimmen, entwickelten die Forschenden neue, hochspezifische Sonden, da bestehende molekulare Werkzeuge unzuverlässig waren. Mithilfe dieser Sonden und der NanoSIMS-Bildgebung konnten sie die Stickstoffverwertung einzelner Zellen verfolgen. „Mit den neuen Sonden konnten wir sehen, wer in gemischten Gemeinschaften wie denen im Schwarzen Meer welche Rolle spielte“, so Stuehrenberg. „In Kombination mit den NanoSIMS-Analysen zeigen wir, dass Nitrosopumilus hauptsächlich mit Ammonium wuchs, während Nitrosopelagicus sowohl Ammonium als auch Harnstoff nutzte und selbst dann noch Harnstoff verwendete, wenn es reichlich Ammonium gab.“
Bedeutung für den weltweiten Nährstoffkreislauf
Da AOA, besonders Nitrosopelagicus, zu den häufigsten Ozean-Mikroorganismen gehören, beeinflusst ihre Fähigkeit, Harnstoff und andere organische Stickstoffquellen zu nutzen, die Nährstoffverfügbarkeit, die Primärproduktion im offenen Ozean sowie den globalen Kohlenstoffkreislauf. „Es ist sehr wichtig, dass wir verstehen, was diese Mikroorganismen antreibt“, sagt Marcel Kuypers. „Sie spielen eine bedeutende Rolle im Stickstoffkreislauf, und ihre Aktivität trägt dazu bei, die Nährstoffverfügbarkeit im Ozean und die globale Kohlenstoffbilanz zu steuern.“
Quelle
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie (12/2025)
Publikation
Joerdis Stuehrenberg, Katharina Kitzinger, Jan N. von Arx,nJon S. Graf, Gaute Lavik, Sten Littmann, Jana Milucka, William D. Orsi, Sina Schorn, Daan R. Speth, Aurèle Vuillemin, Siqi Wu, Hannah K. Marchant & Marcel M. M. Kuypers (2025): Urea use drives niche separation between dominant marine ammonia oxidizing archaea. Nature Comunications 16, 10946 (2025).
DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-025-67048-1