Grippeviren im Vergleich: Warum manche Influenza-Erreger gefährlicher sind als andere

15. September 2025

Schwere Infektionen mit Influenza-A-Viren sind oft mit einem übermäßigen Zytokinsturm verbunden, einer überschießenden Immunreaktion. Bisher war unbekannt, warum manche Virenstämme diese Reaktion auslösen, während andere dies nicht tun. Forschende des Paul-Ehrlich-Instituts haben elf verschiedene Stämme des Influenza-A-Virus und deren Effekte auf menschliche Immunzellen untersucht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass hochpathogene Vogelgrippeviren bestimmte Immunzellen infizieren und die Produktion von Typ-I-Interferon anregen. Dies könnte ein Grund für ihre besondere Gefährlichkeit sein.

„Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass nicht nur die Immunzellen, die bisher immer im Fokus bei der Produktion von Typ-I-Interferon standen, sondern auch andere Zellen des Immunsystems ausschlaggebend dafür sein könnten, ob eine Influenza-Infektion eine überschießende Antwort des Immunsystems auslöst. Dieses Wissen ist wichtig, um das Risiko gefährlicher Virusvarianten besser einschätzen zu können“, fasst Prof. Zoe Waibler die Studie zusammen.

Immunsystem-Reaktion auf Grippeviren: Ursachen für schwere Krankheitsverläufe

Grippeviren sind weltweit eine Hauptursache für Atemwegserkrankungen. Während die meisten Infektionen mild verlaufen, können bestimmte Stämme, insbesondere hochpathogene Vogelgrippeviren, schwere Lungenentzündungen bis hin zum akuten Lungenversagen verursachen. Ein wesentlicher Grund dafür ist eine überschießende Immunreaktion, der sogenannte Zytokinsturm, bei dem die Abwehrreaktion des Körpers das eigene Gewebe stärker schädigt als das Virus selbst.

Ein Forschungsteam des Paul-Ehrlich-Instituts um Dr. Martina Anzaghe hat in Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik Freiburg elf verschiedene Influenza-A-Virusstämme untersucht, um zu verstehen, warum manche Viren solch schwere Verläufe auslösen und andere nicht. Sie analysierten, wie die Viren unterschiedliche Immunzellen infizieren und die Freisetzung von Botenstoffen anregen. Ziel dieser Forschung ist es, die Mechanismen hinter milden und schweren Krankheitsverläufen zu entschlüsseln, um langfristig bessere Schutz- und Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln.

Schlüsselrolle bestimmter Immunzellen bei schweren Grippeverläufen

Untersuchungen zeigten, dass plasmazytoide dendritische Zellen bei Grippeinfektionen große Mengen des antiviralen Botenstoffs Interferon-α (IFN-α) produzieren, unabhängig vom Virusstamm. Das Forschungsteam fand jedoch heraus, dass andere Immunzellen, wie myeloide dendritische Zellen und Makrophagen, bei Infektionen mit hochpathogenen Grippeviren selbst infiziert werden und große Mengen IFN-α herstellen können. Dies scheint der Hauptgrund für die übermäßige Immunreaktion, den sogenannten Zytokinsturm, zu sein.

Die Fähigkeit dieser Viren, sich in bestimmten Immunzellen zu vermehren und dadurch eine extrem starke Immunreaktion auszulösen, könnte somit erklären, warum sie so viel gefährlicher sind als andere Stämme und zu schweren Entzündungen und Gesundheitsschäden führen. Dieses Wissen ist wichtig, um zukünftig gezieltere Therapien zu entwickeln und Risikogruppen besser zu identifizieren.

Quelle

Paul-Ehrlich-Institut – Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel (09/2025)

Publikation

Niles MA, Kronhart S, Decker KE, Gogesch P, Sawatsky B, Stock S, Kochs G, Waibler Z, Anzaghe M (2025): Influenza A virus induced interferon-alpha production by myeloid dendritic cells and macrophages requires productive infection.
Emerg Microbes Infect
DOI: https://doi.org/10.1080/22221751.2025.2556718

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