Grenzen von KI-gestützter Materialvorhersage aufgedeckt

15. Dezember 2025

Obwohl Computersimulationen und Künstliche Intelligenz (KI) als vielversprechend für die Suche nach neuen, leistungsfähigen Materialien gelten, können diese Methoden bei der Vorhersage der Materialeigenschaften oft erhebliche Fehler machen. Zur Behebung dieses Problems und zur Steigerung der Zuverlässigkeit der rechnergestützten Materialforschung haben Forschende jetzt spezielle Werkzeuge bereitgestellt.

What for?

Geräte wie Smartphone-Akkus oder Solarmodule basieren auf optimierten Materialien. Angesichts großer Herausforderungen wie dem Klimawandel besteht eine hohe Nachfrage nach neuen Materialien, deren experimentelle Entwicklung jedoch zeit- und ressourcenintensiv ist. Große Fortschritte bei der Materialsuche wurden zuletzt durch den Einsatz von Computersimulationen und Künstlicher Intelligenz (KI) erzielt. Eine neue Studie deckte jedoch auf, dass die KI gravierende Fehler bei der Vorhersage von Materialeigenschaften macht, was die experimentelle Anwendung erheblich beeinflussen kann. Die Forschenden stellen daher in ihrer Arbeit Werkzeuge bereit, um die Effizienz und Zuverlässigkeit der rechnergestützten Materialsuche zu verbessern.

Herausforderung und Optimierung der rechnergestützten Materialsuche

Die Entdeckung neuer technologischer Materialien in der immensen Vielfalt möglicher Element- und Strukturkombinationen ist eine zentrale Herausforderung. Da die experimentelle Suche aufgrund der Komplexität und der hohen Kosten für Synthese und Analyse oft eingeschränkt ist, gewinnen Computersimulationen zunehmend an Bedeutung.

Besonders im Bereich der kristallinen Materialien – zu denen wichtige Verbindungen wie Silizium, Stahl oder Diamant gehören und deren Atome auf hochregelmäßigen Gittern angeordnet sind – wurden große Fortschritte erzielt. Aktuelle rechnergestützte Workflows basieren jedoch auf idealisierten Kristallstrukturen. Diese bilden die experimentelle Realität nicht exakt ab. Vor allem wird dabei die kristallographische Unordnung ignoriert, die in realen Materialien häufig vorkommt. Ein Beispiel hierfür ist die Substitutionsunordnung, bei der ähnliche Elemente auf dem Gitter „vermischt“ sind. Werden diese Informationen über die Unordnung nicht richtig berücksichtigt, führt dies zu Fehlern bei der Vorhersage der Materialeigenschaften durch KI oder Simulationsmethoden.

Neues KI-Werkzeug erkennt Unordnung in Kristallen

Ein internationales Forschungsteam, bestehend aus Forschenden des Fritz-Haber-Instituts, des Imperial College London und der Universität Bayreuth, hat unter der Leitung von Prof. Dr. Johannes T. Margraf ein neues Werkzeug des Maschinellen Lernens entwickelt. Dieses Werkzeug kann ungeordnete Materialien zuverlässig erkennen. Konstantin Jakob erklärt dazu: „Mit diesem Werkzeug können wir vorhersagen, ob ein Kristall von solcher Unordnung betroffen ist oder nicht, und die Materialentdeckung in rechnerisch gut darstellbare Bereiche lenken.“

Fehlerrisiko in Materialdatenbanken durch Unordnung

Das Forschungsteam hat mit seinem neuen Modell Datenbanken analysiert, die Materialien enthalten, welche zuvor durch Computersimulationen als vielversprechend eingestuft wurden. Bei allen untersuchten Fällen stellten die Forschenden fest, dass ein erheblicher Teil dieser Vorhersagen in Experimenten voraussichtlich Unordnung aufweisen wird. In einem extremen Fall waren sogar über 80 % der vorgeschlagenen Materialien von dieser Unordnung betroffen. Dies impliziert, dass die große Mehrheit der in diesen Datenbanken gefundenen Materialien im Experiment deutlich andere Eigenschaften zeigen könnte, als ursprünglich vorhergesagt.

Prof. Margraf fasst die Bedeutung der Ergebnisse zusammen: „Unsere Studie zeigt, dass Unordnung in der rechnergestützten Materialwissenschaft ein entscheidender Stolperstein sein kann, wenn sie von der Simulation nicht berücksichtig wird. Glücklicherweise können mit den bereitgestellten Werkzeugen ungeordnete Materialien auch in groß angelegten Workflows erkannt und mit den richtigen rechnerischen Methoden adressiert werden.“ Es wird erwartet, dass dieses neue Tool die Zuverlässigkeit und die Effizienz der rechnergestützten Materialsuche zukünftig erheblich verbessern wird.

Quelle

Universität Bayreuth (12/2025)

Publikation

Konstantin S. Jakob, Aron Walsh, Karsten Reuter, and Johannes T. Margraf. Learning Crystallographic Disorder: Bridging Prediction and Experiment in Materials Discovery. Advanced Materials (2025)
DOI: https://doi.org/10.1002/adma.20251422

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