Ewigkeitschemikalien auf der Loipe durch PFAS im Skiwachs

24. November 2025

PFAS, kurz für per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, sind derzeit ein intensiv diskutiertes Thema und Gegenstand zahlreicher Gesetzesvorschläge. Diese als „Ewigkeitschemikalien“ bezeichneten Substanzen schaden nachweislich der menschlichen Gesundheit und der Umwelt, da sie potenziell über Jahrhunderte in der Umgebung verbleiben und sich in Menschen und Tieren anreichern können. Gelangen sie in die Umwelt, verbleiben sie dort über Generationen und richten Schaden an. Angesichts dieser Gefahren ist es das Ziel, ihre breite Verwendung, die von Alltagsgegenständen bis zu industriellen Prozessen reicht, so weit wie möglich einzuschränken.

Obwohl die Industrie als größter Emittent gilt, sind auch Verbraucher in der Pflicht, da der Einsatz von PFAS nicht überall zwingend notwendig ist. Ein für die Schweiz besonders relevantes Beispiel ist ihre Verwendung in bestimmten Skiwachsen. Hierbei gelangen die Giftstoffe durch Abrieb aus dem Wachs direkt in die Natur auf Pisten und Loipen. Der Internationale Skiverband FIS hat darauf bereits reagiert und fluorhaltige Skiwachse seit der Saison 2023/2024 bei sämtlichen FIS-Rennen verboten, was auch für Schweizer Veranstaltungen wie den Engadin Skimarathon gilt und bei Zuwiderhandlung zur Disqualifikation führt. Auch Skiwachs-Hersteller haben ihr Sortiment entsprechend auf fluorfreie Produkte umgestellt.

Trotz zunehmender Verbote sind die Schweizer Pisten und Loipen jedoch noch nicht vollständig PFAS-frei. Dies belegten Forschende des „Analytical Center“ der Empa bei einer Stichprobe während des Engadin Skimarathons im März 2025. Wenige Stunden nach dem Start der Läufer entnahmen sie Schneeproben aus den Fahrspuren direkt nach der Startlinie sowie etwa zwei Kilometer danach und verglichen sie mit einer Nullprobe fernab der Loipe. Die Ergebnisse dieser Untersuchung wiesen erhöhte PFAS-Konzentrationen in den Schneeproben aus dem Engadin nach. Angesichts dieser Erkenntnisse ermahnen die Empa-Forschenden Langläufer zur Vorsicht.

Kurze Wege in den See

Markus Zennegg, Leiter des Empa-eigenen „Analytical Center“, bestätigte die Bedenken: „Wir haben relativ hohe Werte für die typischen PFAS aus Skiwachs gemessen.“ Hierbei handelte es sich insbesondere um perfluorierte Carbonsäuren mit einer geradzahligen Kettenlänge von sechs bis vierzehn Kohlenstoffatomen. Die höchsten Konzentrationen wurden an der Startlinie gemessen, wo die Läufer mit frisch gewachsten Skiern begannen. Zwar nahmen die PFAS-Werte nach zwei Kilometern deutlich ab, da die fluorhaltige Wachsbeschichtung der Ski durch den Abrieb rasch verloren geht, doch waren die Konzentrationen auch an dieser Stelle noch messbar erhöht.

Empa-Forscher Stefan Reimann vom Labor „Luftfremdstoffe / Umwelttechnik“, der die Proben gesammelt hatte, äußerte sich besorgt: „Direkt über dem Silsersee ist das bedenklich.“ Das Problem ist, dass die Ewigkeitschemikalien mit der Schneeschmelze im Frühling direkt in das Gewässer gelangen, wo sie sich in Wasserorganismen und Fischen anreichern können. Die fluorhaltigen Substanzen werden im Skiwachs eigentlich eingesetzt, um die Gleiteigenschaften der Ski zu verbessern und ambitionierte Sportler schneller zu machen.

Jedoch sind die Leistungsunterschiede zu modernen, fluorfreien Wachsen mittlerweile gering. Stefan Reimann bemerkte dazu: „Die Skier der zehn schnellsten Profiläufer am Engadiner Skimarathon wurden alle getestet, und es wurden keine PFAS gefunden. Offenbar kann man also auch ohne Fluor schnell sein.“

Unzureichende Sensibilisierung als Hauptursache und weitreichende Umweltfolgen

Die Empa-Forschenden vermuten, dass die festgestellte PFAS-Belastung im Schnee größtenteils nicht auf bewusste Verstöße, sondern auf eine unzureichende Sensibilisierung unter Hobby-Langläufern zurückzuführen ist. Diese Annahme wird dadurch gestützt, dass erhöhte PFAS-Konzentrationen nicht nur in den Spuren gemessen wurden, die exklusiv für den Marathon vorgesehen waren, sondern auch im Bereich der normalen Langlaufloipe. Markus Zennegg erklärte, dass ein Wachsblock oft mehrere Jahre hält und praktisch alle älteren Skiwachse PFAS enthalten. Er empfiehlt daher dringend, alte Wachse durch die im Handel erhältlichen und entsprechend gekennzeichneten fluorfreien Varianten zu ersetzen. Reimann ergänzte die Dringlichkeit: „Es macht einfach keinen Sinn, dermaßen stabile Stoffe für ein paar Minuten Vorsprung in die Umwelt gelangen zu lassen.“

Die Tragweite der Kontamination reicht über den Schnee hinaus. Die Forschenden entnahmen an den gleichen Orten auch Bodenproben, die ebenfalls eine deutliche Belastung mit den Ewigkeitschemikalien aufwiesen. Zennegg warnte eindringlich vor den Konsequenzen: „Bei solchen Konzentrationen besteht bereits die Gefahr, dass sich die PFAS im Fleisch der dort weidenden Rinder anreichern und zu einer Überschreitung der erlaubten Grenzwerte führen.“ Angesichts dieses Problems arbeiten die Forschenden am „Analytical Center“ an der Erweiterung ihrer Kapazitäten: Sie haben in den letzten Monaten Analyseverfahren aufgebaut, um zukünftig rund 30 der häufigsten PFAS in verschiedenen Material- und Umweltproben, beispielsweise aus Recycling-Prozessen, bestimmen zu können.

PFAS, die Ewigkeitschemikalien

Die Stoffklasse der PFAS umfasst Tausende von chemischen Verbindungen, die zwei charakteristische Eigenschaften teilen: Sie besitzen Fluor-Kohlenstoff-Bindungen und sind außerordentlich stabil, wodurch sie sich in der Umwelt kaum zersetzen. Diese Beständigkeit führte zu dem Beinamen „Ewigkeitschemikalien“. Die gesundheitlichen Auswirkungen von PFAS sind noch nicht vollständig erforscht, werden aber bereits mit einer Vielzahl von Krankheitsbildern in Verbindung gebracht, die von Organschäden bis hin zu Krebs reichen. Um über diese Stoffe aufzuklären und Wege zu ihrer Vermeidung aufzuzeigen, haben die Empa, die Eawag und das Oekotoxzentrum die neue Broschüre „Pocket Facts“ veröffentlicht. Zudem findet am 25. November 2025 die nächste Online-Veranstaltung „wissen2go“ zum Thema PFAS statt, an der Interessierte nach vorheriger Anmeldung kostenlos teilnehmen können.

Quelle

Empa (11/2025)

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