Forschende der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) haben in dünnen magnetischen Schichten untersucht, was während des Schmelzvorgangs in zwei Dimensionen auf mikroskopischer Ebene geschieht. „Anhand von Skyrmionen – kleinen Magnetwirbeln – konnten wir erstmals live verfolgen, wie eine zweidimensionale geordnete Gitterstruktur in einen ungeordneten Zustand übergeht“, sagt Raphael Gruber, der die Untersuchungen durchgeführt hat. Die neuen Erkenntnisse sind grundlegend für das tiefere Verständnis von Schmelzvorgängen in zwei Dimensionen und des Verhaltens von Skyrmionen, die künftig für die Datenspeicherung eingesetzt werden könnten.
Skyrmionengitter schmelzen in zwei Schritten
Wie Eis zu Wasser schmilzt, ist den meisten Menschen bekannt – jedenfalls wenn man es makroskopisch betrachtet. Was die mikroskopische Ebene angeht, weiß man jedoch erst wenig über den Schmelzvorgang. „Spannend ist dieser Phasenübergang insbesondere in zwei Dimensionen, da dort noch andere Phänomene auftreten als in den bekannten drei Dimensionen“, erläutert Gruber. Zunächst hatten die Forschenden über die präzise Einstellung von Temperatur und Magnetfeld Skyrmionen erzeugt – magnetische Wirbelstrukturen, die einem Hurrikan auf Mikro-Skala gleichkommen. Da sie sehr stabil sind, können sie als eigenständige Teilchen betrachtet werden. Drängeln sich die Skyrmionen dicht auf engem Raum, ordnen sie sich in einer regelmäßigen Gitterstruktur an. „Die Frage, die uns interessiert hat, lautet: Was passiert, wenn wir diesen geordneten Zustand wieder in einen ungeordneten überführen – das System also schmelzen?“, sagt Gruber. Mit einem magneto-optischen Kerr-Mikroskop konnten die Forschenden den Schmelzvorgang des zweidimensionalen Skyrmionen-Gitters live beobachten und dabei einen entscheidenden Unterschied zu dreidimensionalen Strukturen wie Eis feststellen. Das Gitter schmilzt nämlich nicht in einem Schritt, sondern in zwei Phasen.
Bei diesem zweistufigen Schmelzprozess verliert das Skyrmionen-Gitter zuerst seine translationale Ordnung. Das bedeutet, die Skyrmionen befinden sich zwar noch in einer gitterähnlichen Anordnung, aber die Abstände zwischen ihnen werden unregelmäßig. Im zweiten Schritt, der erst danach folgt, löst sich das Gitter vollständig auf, weil auch die Orientierung der Skyrmionen verloren geht – der eigentliche Schmelzvorgang. „Die Erklärung des speziellen Phasenübergangs beim Schmelzen wurde durch die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen vom Center for Quantum Spintronics an der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens ermöglicht“, ergänzt Kläui.
Schmelzen nicht durch Wärme, sondern über das Magnetfeld
Für dieses Experiment wählten die Forschenden einen ungewöhnlichen Ansatz, da das herkömmliche Erhitzen des Materials nicht praktikabel war. Eine Temperaturerhöhung hätte nämlich nicht nur zum Schmelzen geführt, sondern auch die grundlegenden Bedingungen verändert, unter denen die magnetischen Wirbel, die Skyrmionen, überhaupt existieren können. „Wir haben die Skyrmionen daher durch eine Änderung des Magnetfelds kleiner werden lassen. Auf diese Weise haben sie mehr Platz im Gitter und können sich etwas bewegen“, sagt Gruber. „Dies führt ähnlich wie bei höheren Temperaturen dazu, dass die Gitterstruktur ungeordneter wird und sich schließlich gänzlich auflöst.“ Dank dieser Erkenntnisse könnten Skyrmionen künftig zur Datenspeicherung dienen – mit deutlich höherer Datendichte, schnellen Lese- und Schreibzugriffen und sehr guter Energieeffizienz.
Quelle
Johannes Gutenberg-Universität Mainz (08/2025)
Publikation
R. Gruber et al., Real-time observation of topological defect dynamics mediating two-dimensional skyrmion lattice melting, Nature Nanotechnology, 4. August 2025,
DOI: 10.1038/s41565-025-01977-2
https://www.nature.com/articles/s41565-025-01977-2