Die Kartoffel gilt weltweit als die viertwichtigste Kulturpflanze nach Reis, Weizen und Mais und ist damit von entscheidender Bedeutung für die globale Ernährungssicherheit. Bisher ist jedoch nur wenig über die genetische Vielfalt der in Deutschland gelagerten Kartoffelsorten bekannt. Ein neues Projekt namens POMORROW – Potatoes for Tomorrow soll das ändern. Ziel ist es, die gesamte Kartoffelsammlung der deutschen Genbank zum ersten Mal vollständig zu genotypisieren. Dieses Vorhaben wird durch eine Förderung des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt ermöglicht, wodurch wichtige Einblicke in die genetische Vielfalt der deutschen Kartoffelbestände gewonnen werden sollen.
POMORROW – eine kooperative Meisterleistung
Die deutsche Genbank verwahrt insgesamt 6.357 Akzessionen an Kartoffeln. Ein Konsortium, bestehend aus fünf Forschungsinstituten und drei Pflanzenzuchtunternehmen, hat sich nun zum Ziel gesetzt, diese einzigartige genetische Ressource umfassend zu analysieren. Der Fokus liegt dabei auf der Identifizierung von Sorten, die spezifische, für die Zukunft wichtige Eigenschaften wie Schädlingsresistenz, einen geringen Düngebedarf oder eine hohe Stresstoleranz aufweisen – alles Merkmale, die für eine nachhaltige und klimaresistente Landwirtschaft zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Um diese Eigenschaften zu finden, werden die Forschenden ausgewählte DNA-Abschnitte aller Kartoffelakzessionen sequenzieren und miteinander vergleichen. Auf dieser Grundlage wird eine Kernsammlung zusammengestellt, die die genetische Vielfalt der gesamten Gruppe bestmöglich repräsentiert. Darüber hinaus wird bei zehn ausgewählten Kartoffellinien das komplette Genom entschlüsselt. Die aus diesen Analysen gewonnenen Daten sollen zur Entwicklung eines Vorhersagemodells genutzt werden. Dieses Modell könnte zukünftig die Eigenschaften einer Kartoffelpflanze allein aus ihren genetischen Informationen ableiten und so die Züchtung robusterer Sorten erheblich beschleunigen.
Forschungsschwerpunkt: Trockentoleranz in Potsdam
Ein zentraler Beitrag zu diesem Projekt kommt vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI MP) in Potsdam. Dort werden 240 Kartoffelsorten (Akzessionen) auf ihre Fähigkeit untersucht, Trockenstress zu überstehen – eine wichtige Eigenschaft angesichts des Klimawandels und zunehmender Dürren. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Interaktion der Pflanzen mit Mykorrhizapilzen. Ähnlich wie das Darmmikrobiom die Gesundheit des Menschen beeinflusst, können diese Pilze die Widerstandsfähigkeit von Pflanzen steigern. Um das Pflanzenwachstum zu überwachen, kommt im Gewächshaus eine automatisierte Roboterplattform zum Einsatz. Dieses System, ausgestattet mit verschiedenen Sensoren, schwebt über den Pflanzenreihen und liefert detaillierte Analysen.
„Feldversuche an Kartoffelsorten zeigen, dass Mykorrhizapilze helfen können, Nährstoffe effizienter aufzunehmen und Stress besser zu bewältigen. Dies wollen wir nun in einer genetisch vielfältigen Gruppe testen, um Eltern für die Kartoffelsorten der Zukunft zu finden“, erklärt MPI MP-Direktorin Prof. Dr. Caroline Gutjahr, die gemeinsam mit Dr. Karin Köhl die Arbeiten am Institut leitet.
Die Forschenden testen ausgewählte Kartoffellinien, indem sie ihnen Mykorrhizapilze hinzufügen, die auch im Gartenbau verwendet werden. Anschließend wird untersucht, welche Linien am besten mit diesen Pilzpartnern interagieren. Das Wachstum der Pflanzen wird unter verschiedenen Bewässerungsbedingungen mithilfe modernster Laserscanner überwacht. Trockentolerante Kartoffelsorten sind entscheidend, um auch bei Wassermangel stabile Erträge zu sichern und Landwirten bei der Anpassung an den Klimawandel zu helfen. Das POMORROW-Projekt leistet somit einen wichtigen Beitrag, um die Kartoffel auch in Zukunft als nachhaltige, ressourcenschonende und klimaresistente Nahrungsquelle zu erhalten.
Quelle
Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (09/2025)