Enzym neutralisiert Krankheitserreger durch Toxinspaltung

29. Dezember 2025

Ein Forschungsteam des Leibniz-HKI hat ein Enzym identifiziert, das in der Lage ist, das hochgiftige Molekül Malleicyprol zu neutralisieren. Da Malleicyprol ein entscheidender Virulenzfaktor von Burkholderia-Bakterien ist, die unter anderem die schwere Tropenkrankheit Melioidose verursachen, bietet diese Entdeckung neue Ansätze im Kampf gegen antibiotikaresistente Erreger.

Burkholderia pseudomallei zählt zu den gefährlichsten bakteriellen Erregern in tropischen Regionen, wobei Infektionen selbst bei medizinischer Versorgung oft tödlich enden. „Pro Jahr werden weltweit fast 170.000 neue Infektionen gemeldet, etwa die Hälfte der Betroffenen verstirbt daran“, berichtet Jonas Fiedler. Das Toxin Malleicyprol ist maßgeblich für die Zellschädigung und den Krankheitsverlauf verantwortlich. „Verantwortlich dafür ist eine kleine, hochreaktive chemische Struktur im Molekül, der sogenannte Cyclopropanol-Ring“, erklärt Fiedler.

Bisher übersehenes Gen kodiert für ein Enzym, das den reaktiven Molekülteil zerstört

Obwohl die Biosynthese von Malleicyprol weitgehend erforscht war, blieb die Rolle eines bestimmten Enzyms innerhalb der Burkholderia-Spezies lange rätselhaft. „Uns fiel ein kleines Gen auf, das ein unbekanntes Protein kodiert. Wir konnten diesem Genprodukt aber keine Funktion in der Toxinbildung zuordnen. Diese Lücke wollten wir schließen und schalteten das Gen gezielt aus, um dessen Rolle zu verstehen“, erinnert sich Fiedler. Das Ergebnis war aufschlussreich: Die Bakterien stellten zwar weiterhin das Toxin her, doch eine gewohnte inaktive Variante des Moleküls blieb aus. „Das Gen muss also ein Enzym kodieren, das das Toxin in diese ungefährliche Form umwandelt“, so Fiedler.

Bei der Untersuchung des Enzyms mit dem Namen BurK stießen die Forschenden auf einen außergewöhnlichen Mechanismus. BurK nutzt eisenhaltige Verbindungen zur Erzeugung hochreaktiver Radikale, die den toxischen Cyclopropanol-Ring gezielt spalten. „Das war eine echte Überraschung“, so Fiedler. „Es war vorher kein Enzym in der Natur bekannt, das einen Cyclopropanol-Ring gezielt spaltet.“ Die biologische Funktion dient dabei primär der Selbstregulation des Bakteriums: „Natürlich entschärft das Bakterium das Toxin nicht, um Menschen zu schützen. Vielmehr reguliert es die Menge des Toxins mithilfe des Enzyms BurK.“

Schutz im Modellorganismus

Um die Wirksamkeit von BurK in einem lebenden System zu testen, schleuste das Forschungsteam das entsprechende Gen in E. coli-Bakterien ein. Diese wurden zusammen mit dem giftigen Malleicyprol an winzige Fadenwürmer verfüttert. „Die Würmer, die das Toxin zusammen mit Bakterien mit BurK aufnahmen, konnten besser überleben“, berichtet Fiedler. Im Gegensatz dazu starben die Kontrollwürmer, die das Toxin ohne das schützende Enzym erhielten, da das Gift bei ihnen ungehindert wirken konnte. Damit war belegt, dass BurK Malleicyprol auch im lebenden Organismus neutralisiert.

Da die Forschenden ähnliche Gene in weiteren Bakterienarten identifizierten, liegt die Vermutung nahe, dass diese Enzyme eine zentrale Rolle in biologischen Interaktionen spielen. Mikroorganismen könnten sie nutzen, um sich vor fremden Toxinen zu schützen oder um symbiotische Partner, wie etwa Nematoden, vor den schädlichen Auswirkungen des Malleicyprols zu bewahren.

Genmodifizierte Bakterien gegen Krankheitserreger?

Auch wenn die genaue Funktion dieser Enzyme in der Natur noch unklar ist, sind für den Menschen praktische Anwendungen denkbar: „Das Bakterium, das wir generiert haben, könnte man therapeutisch nutzen, um Malleicyprol zu neutralisieren. Die Übertragbarkeit auf menschliche Infektionen muss aber noch gründlich untersucht werden“, sagt Fiedler. Realistischer sei zunächst ein Einsatz in der Umwelt, etwa in Regionen, in denen Burkholderia-Bakterien natürlicherweise im Boden vorkommen: „Man könnte betroffene Böden dekontaminieren, um toxische Effekte zu reduzieren“, so Fiedler. „Auch das müsste man zunächst gründlich testen.“

In jedem Fall zeigt das Forschungsteam, dass die Natur ein erstaunliches Repertoire an Werkzeugen besitzt, wovon viele dem Menschen noch verborgen sind. Das Enzym BurK ist ein bemerkenswertes Beispiel dafür. Studienleiter Prof. Christian Hertweck resümiert: „Unsere Arbeit zeigt, dass man die Gefährlichkeit eines Krankheitserregers gezielt neutralisieren kann, ohne ihn direkt abtöten zu müssen. Das eröffnet uns neue Perspektiven für den zukünftigen Umgang mit antibiotikaresistenten Bakterien und könnte langfristig Teil neuartiger Therapien werden.“

Quelle

Charité – Universitätsmedizin Berlin (12/2025)

Publikation

Fiedler J, Richter I, Dornblut K, Scharf A, Hertweck C (2025) Inactivation of the Burkholderia Toxin Malleicyprol by Enzymatic Cyclopropanol Ring Opening. Angew Chem Int Ed, https://doi.org/10.1002/anie.202521105

Nach oben scrollen