Im Vergleich zu gesunden Zellen weisen Tumorzellen charakteristische Veränderungen auf, darunter auch metabolische Unterschiede. Diese metabolischen Veränderungen – wie der hohe Energieumsatz von Krebszellen – sind nicht nur für die Diagnose relevant, sondern bieten auch potenzielle therapeutische Ansatzpunkte. Dr. Jan Dreute und Prof. Dr. Lienhard Schmitz vom Biochemischen Institut am Fachbereich Medizin der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) haben nun einen vielversprechenden Ansatz zur Tumorbehandlung gefunden: Sie konnten zeigen, dass das Wachstum von etwa einem Drittel von über 100 getesteten Tumorzellarten durch die kombinierte Hemmung spezifischer Stoffwechselwege gestoppt werden kann.
Wirkstoff-Duo bremst Tumorzellen aus
In einer beeindruckenden interdisziplinären Zusammenarbeit haben Wissenschaftler aus Gießen, Marburg und Frankfurt am Main untersucht, wie sich das Wachstum von Tumorzellen durch die gleichzeitige Hemmung spezifischer Stoffwechselwege beeinflussen lässt. Dabei machten sie eine spannende Entdeckung: Das Wachstum von Tumorzellen konnte nur durch die Kombination zweier Substanzen effektiv gehemmt werden, während die einzelnen Substanzen allein keine nennenswerten Effekte zeigten.
Linrodostat enthüllt überraschenden Wirkmechanismus gegen Krebs
Die Forschenden konnten zudem einen neuen Wirkmechanismus einer der Substanzen entschlüsseln. Während die erste Substanz den Zuckerabbau verlangsamt, offenbarte die zweite Substanz, die bereits in klinischen Studien unter dem Namen Linrodostat eingesetzt wird, eine völlig unerwartete Funktion: Neben ihrer bekannten Rolle als metabolischer Inhibitor kann Linrodostat auch die Zellatmung in den Mitochondrien, den „Kraftwerken der Zellen“, stören. Durch diese gleichzeitige Hemmung des Zuckerabbaus und der mitochondrialen Zellatmung wird den Tumorzellen die Möglichkeit genommen, ausreichend Energie und Bausteine für ihr schnelles Wachstum zu produzieren, was letztlich das Krebswachstum zum Stillstand bringt.
„Besonders überraschend war für mich die Entdeckung des bislang unbekannten Wirkmechanismus von Linrodostat“, so Dr. Jan Dreute, der Erstautor der Studie. „Dieser Aspekt sollte bei künftigen klinischen Studien unbedingt berücksichtigt werden.“ „Für mich ist diese Studie ein weiteres Beispiel für die Notwendigkeit vernetzter Forschung“, sagt Prof. Lienhard Schmitz. „Die Beteiligung von mehr als zehn Instituten an dieser Arbeit zeigt, wie wichtig kooperative Netzwerke für innovative Forschungsprojekte sind.“
Campus-Profilbereich „Tumorforschung und Immunologie“
Die Entwicklung neuer Strategien für die Krebsdiagnostik und -therapie sowie die Verbesserung gängiger Behandlungsmethoden, wie die Chemo- und Strahlentherapie sind die zentralen Ziele der gemeinsamen Forschungsaktivitäten im Campus- Profilbereich „Tumorforschung und Immunologie“: www.fcmh.de/tumor
Quelle
Justus-Liebig-Universität Gießen (06/2025)
Publikation
Dreute, J., Stengel, J., Becher, J. et al. Synergistic targeting of cancer cells through simultaneous inhibition of key metabolic enzymes. Cell Death Differ (2025). https://doi.org/10.1038/s41418-025-01532-5