Eine Landkarte für Einzelatom-Katalysatoren

4. Juli 2025

ETH-Forschende haben mithilfe von Kernspinresonanz die atomaren Umgebungen einzelner Platinatome in einem festen Trägermaterial sowie deren räumliche Ausrichtung untersucht. Diese Methode könnte künftig helfen, die Herstellung von Einzelatom-Katalysatoren zu verbessern. Katalyse, also die Beschleunigung chemischer Reaktionen durch bestimmte Stoffe, ist in Industrie und Alltag essenziell: etwa 80 Prozent aller chemischen Produkte werden so hergestellt. Auch Abgaskatalysatoren und Brennstoffzellen basieren auf diesem Prinzip. Platin gilt als besonders effektiver und vielseitiger Katalysator, ist aber ein seltenes und teures Edelmetall, dessen Gewinnung viel CO2 verursacht. Daher ist es wichtig, den Platin-Einsatz zu minimieren und gleichzeitig seine Effizienz zu maximieren.

Katalysatoren mit einzelnen Atomen

In den letzten Jahren wurde verstärkt an Einzelatom-Katalysatoren gearbeitet, bei denen jedes Atom zur Reaktion beiträgt. Dabei werden einzelne Platinatome auf porösen Trägermaterialien, etwa aus mit Stickstoff durchsetztem Kohlenstoff, aufgebracht. Die Stickstoffatome dienen als Ankerpunkte für die Platinatome.

Forschende um Javier Pérez-Ramírez und Christophe Copéret von der ETH Zürich sowie Kollegen aus Lyon und Aarhus haben nun gezeigt, dass diese Katalysatoren viel komplexer sind als bisher angenommen. Mithilfe von Kernspinresonanz konnten sie nachweisen, dass die einzelnen Platinatome sehr unterschiedliche atomare Umgebungen besitzen, die ihre katalytische Wirkung beeinflussen. Diese Erkenntnis wird künftig helfen, effizientere Katalysatormaterialien zu entwickeln.

Durchbruch durch zufällige Begegnungen

„Bislang konnte man einzelne Platinatome nur durch ein Elektronenmikroskop betrachten – das sieht zwar beeindruckend aus, aber über ihre Katalyseeigenschaften erfährt man dadurch nicht viel“, sagt Pérez-Ramírez. Gemeinsam mit Copéret überlegte er, wie man die einzelnen Platinatome genauer charakterisieren könnte. Die Zusammenarbeit entstand zufällig bei einem Zoom-Meeting im Rahmen des NCCR-Programms Catalysis.

Nach dem Meeting entwickelten die beiden die Idee, Kernspinresonanz als Methode zu nutzen. Diese Technik, auf der auch das MRT im Krankenhaus basiert und die üblicherweise in Labors zur Untersuchung von Molekülen eingesetzt wird, reagiert auf oszillierende Magnetfelder, wenn die Spins der Atomkerne in einem starken statischen Magnetfeld eine bestimmte Resonanzfrequenz erreichen. Bei Molekülen hängt diese Frequenz unter anderem von ihrer atomaren Anordnung ab. „Auch bei den einzelnen Platinatomen wird die Resonanzfrequenz durch die atomaren Nachbarn – zum Beispiel Kohlenstoff, Stickstoff oder Sauerstoff – beeinflusst und zusätzlich durch ihre Ausrichtung relativ zum statischen Magnetfeld“, erklärt Copéret.

Das führt zu einer großen Anzahl von Resonanzfrequenzen, vergleichbar mit den verschiedenen Tönen in einem Orchester. Herauszufinden, welches Instrument welchen Ton erzeugt, ist dabei nicht einfach. „Der Zufall wollte es, dass einer von uns bei einem Besuch in Lyon einen Simulationsexperten aus Aarhus traf“, erzählt Copéret. Solche Begegnungen und die daraus entstehenden Kooperationen seien essenziell für wissenschaftlichen Fortschritt. Gemeinsam mit dem ETH-Forscher entwickelte der Simulationsexperte ein Computerprogramm, mit dessen Hilfe die vielen verschiedenen „Töne“ der einzelnen Platinatome aus dem Durcheinander herausgefiltert werden können.

Landkarte der atomaren Umgebung

So gelang es schließlich, Einzelatom-Katalysatoren zu beschreiben: Das Forschungsteam konnte nun eine Art Landkarte erstellen, auf sichtbar ist, welche Atome die Platinatome umgeben und wo sie sich befinden. „Dieses Analyseverfahren setzt einen neuen Maßstab im Forschungsfeld“, sagt Pérez-Ramírez.

Mit dem neuen, leicht zugänglichen Verfahren können in Zukunft Herstellungsverfahren für Einzelatom-Katalysatoren so optimiert werden, dass am Ende alle Platinatome genau festgelegte Umgebungen haben. Das ist denn auch die nächste Herausforderung für das Team. „Auch im Hinblick auf geistiges Eigentum ist unsere Methode wichtig“, sagt Copéret: „Wenn wir einen Katalysator auf atomarer Ebene genau beschreiben können, dann können wir ihn auch durch ein Patent schützen.“

Quelle

Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich) (07/2025)

Publikation

Koppe J, Yakimov AV, Gioffrè D et al. Coordination environments of Pt single-atom catalysts from NMR signatures. Nature 642, 613–619 (2025). DOI: 10.1038/s41586-025-09068-x
https://doi.org/10.1038/s41586-025-09068-x

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