Durchbruch in der Laserkühlung: Stabiles Molekül mit energiereichem UV-Licht eingefangen

17. November 2025

Forschende der Abteilung Molekülphysik am Fritz-Haber-Institut haben einen bedeutenden Fortschritt in der Physik ultrakalter Materie erzielt: Es gelang, die erste magneto-optische Falle (MOT) für ein stabiles „closed-shell“ Molekül, nämlich Aluminium-Monofluorid (AlF), zu präsentieren. Durch den Einsatz von Lasern konnten sie das AlF-Molekül kühlen und in drei verschiedenen Rotationszuständen einfangen. Dieses Experiment eröffnet neue Möglichkeiten für die Präzisionsspektroskopie und die Quantensimulation mit Aluminium-Monofluorid.

Ultrakalte Physik: Zugang zur Quantenmechanik

Das Abkühlen von Materie auf Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt (0 K, −273,15∘C) wirkt wie ein Mikroskop für quantenmechanisches Verhalten: Es rückt die Quantenphysik, auf die der Blick normalerweise getrübt ist, scharf in den Fokus. Klassische Beispiele hierfür sind die Entdeckung der Supraleitung in abgekühltem Quecksilber sowie das anomale thermische Verhalten von Wasserstoffmolekülen. Diese Phänomene stellten die klassische Physik infrage und trieben die Entwicklung der Quantenmechanik sowie die Bemühungen um immer niedrigere Temperaturen voran.

Die Erfindung des Lasers führte zur Idee, Kühlung durch die Wechselwirkung von Materie mit Licht zu realisieren. Obwohl der Effekt eines einzelnen Photons winzig ist, wird die Laserkühlung durch die Wirkung tausender Photonen äußerst effektiv. Es können Temperaturen von nur einem Tausendstel bis zu einem Millionstel Grad über 0 Kelvin (10−3−10−6K) erreicht werden. Dieser Bereich wird typischerweise als das ultrakalte Regime bezeichnet.

Die Magneto-Optische Falle

Seit fast 40 Jahren können ultrakalte neutrale Atome in sogenannten „magneto-optischen Fallen“ (MOT) präpariert werden. Bei dieser Methode werden Laserstrahlen mit einem Magnetfeld kombiniert. Damit sollen die Teilchen eingefangen und auf etwa ein Tausendstel Grad über dem absoluten Nullpunkt gekühlt werden. Diese Technik hat unter anderem optische Atomuhren, Prototypen von Quantencomputern und die Beobachtung neuer Materiephasen ermöglicht.

Vor etwas mehr als zehn Jahren gelang erstmals, auch ein Molekül zu kühlen und zu fangen: ein zweiatomiges Molekül. Obwohl Moleküle eine wesentlich kompliziertere Energiestruktur als Atome besitzen, ist das Bestreben groß, sie in den ultrakalten Bereich zu bringen. Bislang konnten jedoch nur einige wenige sehr reaktive Moleküle mit ungepaarten Elektronen („Spin-Dublett“-Spezies) in magneto-optische Fallen gefangen werden.

Herausforderung: Chemisch stabile Moleküle einzufangen

In ihrer aktuellen Studie stellt das Forschungsteam Experimente vor, die die Physik mit ultrakalten Molekülen revolutionieren könnten. Sie präsentieren die erste magneto-optische Falle (MOT) für ein „Spin-Singulett“-Molekül, das Aluminium-Monofluorid (AlF). AlF besitzt eine äußerst starke chemische Bindung und ist im Vergleich zu allen anderen lasergekühlten Molekülen chemisch unreaktiv. Dies erleichtert die effiziente Herstellung im Labor und reduziert Verluste durch chemische Reaktionen in ultrakalten Experimenten.

Dieser bahnbrechende Schritt kommt erst jetzt, da stabile Moleküle mit starker Bindung typischerweise sehr große Abstände zwischen ihren elektronischen Zuständen aufweisen. Die für die Kühlung benötigten Laserwellenlängen verschieben sich dadurch weit ins Ultraviolett. Das macht die Experimente sehr anspruchsvoll. Für die Kühlung von AlF waren vier Lasersysteme mit einer Wellenlänge nahe 227,5nm nötig. Dies ist die bisher kürzeste Wellenlänge, die jemals zum Einfangen eines Atoms oder Moleküls verwendet wurde. Die Realisierung erforderte die Entwicklung neuer Laser- und Optiktechnologie und eine enge Zusammenarbeit zwischen Industrie und Wissenschaft.

Ausschlaggebend ist die Konfiguration der Elektronen

AlF ist nicht nur wegen seiner chemischen Stabilität für Quantenexperimente interessant, sondern auch, weil es in mehreren Rotationszuständen gefangen werden kann. Es gelang, durch Abstimmung der Laserwellenlängen in der Falle, zwischen den drei niedrigsten Rotationszuständen von AlF zu wechseln. Die Forschenden vermuten, dass durch weitere Anpassungen sogar höhere Rotationszustände zugänglich werden. Dies unterscheidet AlF von den bislang lasergekühlten Molekülen. Bei denen konnte in der Regel nur ein Rotationszustand gekühlt werden, womit eine Erweiterung auf andere Rotationszustände wesentlich schwieriger ist.

„Unser Traum wäre es, AlF in einer kompakten, kostengünstigen Quelle herzustellen und einzufangen – ähnlich wie es bei den Alkaliatomen schon gemacht wird“, sagt Sid Wright. „In ersten Experimenten haben wir gesehen, dass AlF Kollisionen mit den Wänden der Vakuumkammer bei Raumtemperatur übersteht – es thermalisiert sogar –, was äußerst vielversprechend ist.“

Langer Weg im Labor führt zu vielversprechenden Ergebnissen

Um diesen Meilenstein zu erreichen, waren fast acht Jahre harter Laborarbeit nötig. Dazu gehörten die detaillierte Untersuchung der spektroskopischen Eigenschaften von AlF, die Entwicklung und Erprobung neuer UV-Lasertechnologie und schließlich das magneto-optische Einfangen selbst. Eduardo Padilla betonte, dies sei eine enorme Teamleistung gewesen, die der großartigen Forschungsumgebung und den Ressourcen der Abteilung zu verdanken sei.

Die aktuellen Ergebnisse erweitern die Möglichkeiten der Physik ultrakalter Moleküle. Lasergekühltes AlF ermöglicht neue Präzisionsmessungen und die Quantenkontrolle von Molekülen. Eine Besonderheit von AlF ist zudem die Existenz eines langlebigen, metastabilen elektronischen Zustands (Spin-Triplet). Dieser Zustand ist über einen zusätzlichen Übergang im UV-Bereich erreichbar und bietet damit potenziell den Zugang zu noch niedrigeren Temperaturen.

Quelle

Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft (11/2025)

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