Durchbruch bei Photosynthese: Widerlegung eines alten Lehrsatzes der chemischen Biologie

30. Oktober 2025

Forschende der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz haben in Zusammenarbeit mit britischen Kolleg*innen einen alten Lehrsatz der Biochemie widerlegt, was langfristig einen Durchbruch zu höheren landwirtschaftlichen Erträgen bedeuten könnte. Die Photosynthese ist die Grundlage eines Großteils des Lebens auf der Erde, da dieser chemische Prozess es Pflanzen ermöglicht, Sonnenlicht in Energie umzuwandeln. Bisher galt die Annahme, dass dieser Vorgang nur mit Lichtwellenlängen bis zu 700 Nanometern möglich sei, da längere Wellen als zu energiearm betrachtet wurden.

Neuer Blick auf das Lichtspektrum: Langwelliges Licht treibt Photosynthese an

Diese Hypothese wurde nun durch eine internationale Forschungskooperation zwischen dem Imperial College in London und der JKU widerlegt. Die Forschenden entdeckten, dass bestimmte Cyanobakterien in der Lage sind, auch unter ausschließlich langwelliger Belichtung (über 750 nm) zu überleben und somit Photosynthese zu betreiben. „Die Grenze lässt sich also überschreiten“, betont Univ.-Prof. Dr. Thomas Renger.

Die Forschenden beider Universitäten konnten aufzeigen, dass ein spezielles langwelliges Pigment – das Chlorophyll f – eine zentrale Rolle bei der Umwandlung von Lichtenergie in chemische Energie einnimmt, indem es am Beginn der Elektronentransferkette aktiv wird. Daraus lässt sich ableiten: „Auch Licht mit höherer Wellenlänge als 750 Nanometern kann den Umwandlungsprozess unterstützen“, so der JKU Physiker.

Dies ist keine rein theoretische Entdeckung: „Unser Fund widerlegt den alten Lehrsatz der Biochemie, dass Pflanzen oder Bakterien kein ,rotes Licht jenseits von 700 nm‘ für die sauerstoffbildende Photosynthese nutzen können“, erklärt Co-Autor Michael Hofer.

Quantenphysikalische Berechnungen bestätigt

Die Entdeckung war das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit zwischen Bill Rutherford und Jenny Nelson vom Imperial College London sowie dem Team um Renger und seinen Doktoranden Michael Hofer an der JKU. Am Imperial College London wurden hochpräzise Elektronenbeugungsexperimente durchgeführt. Parallel dazu analysierten Renger und Hofer an der JKU die optischen Signaturen des Chlorophylls f mithilfe quantenphysikalischer Berechnungen. Beide unabhängigen Methoden führten zum gleichen Ergebnis: Das Pigment Chlorophyll f nimmt tatsächlich eine zentrale Position im Reaktionszentrum des Photosystems I ein.

Auswirkungen auf Agrarwirtschaft

Die Entdeckung könnte weitreichende Konsequenzen haben. „Wenn es langfristig gelingt, solche ,rotlichtigen Chlorophylle‘ in Nutzpflanzen einzubauen, könnten diese mehr Sonnenlicht für die Energieumwandlung nutzen“, hofft Renger – und damit sogar landwirtschaftliche Erträge deutlich steigern.

Quelle

Johannes Kepler Universität Linz (10/2025)

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