Die Grenzen des Messbaren verschieben

20. Juni 2025

Die Eigenschaften der Materie, die wir wahrnehmen, sind maßgeblich durch die räumliche Anordnung von Atomen und Elektronen in ihrem Inneren bestimmt. Jede Veränderung der Materiestruktur, sei es eine chemische Reaktion, ein elektronischer Schaltvorgang oder die Proteinfaltung in unseren Zellen, basiert auf der Bewegung und Neuordnung dieser Atome und Elektronen. Diese Prozesse finden in extrem kurzen Zeiträumen statt, oft im Bereich von Femtosekunden oder Attosekunden, und ihre räumlichen Dimensionen sind ebenfalls winzig, in der Größenordnung von Nanometern oder Pikometern.

Fortschrittliche Messverfahren zur Erforschung extrem kurzer Prozesse

Um Prozesse in extremen räumlichen und zeitlichen Dimensionen zu erforschen, sind hochmoderne Messgeräte erforderlich. Ein Beispiel dafür ist das ultraschnelle Elektronenmikroskop, das die hohe räumliche Auflösung eines traditionellen Elektronenmikroskops mit der Fähigkeit kombiniert, ultrakurze Laserimpulse zeitlich zu messen. Besonders hochauflösend ist das Attosekunden-Elektronenmikroskop, das sogar die elektrischen Oszillationen von Licht sichtbar machen kann. Dieses innovative Gerät wurde von der Arbeitsgruppe um Peter Baum am Fachbereich Physik der Universität Konstanz entwickelt. „Bisher lassen sich auf diese Weise allerdings nur Prozesse vermessen, die speziell und dezidiert mit einem hochenergetischen Laserimpuls angeregt werden. Elektrisch, magnetisch oder anderweitig ausgelöste Vorgänge, wie sie oft in technischen Geräten oder natürlichen Umgebungen auftreten, entziehen sich bisher unserer Beobachtung“, so Baum.

Neue Wege in der ultraschnellen Elektronenmikroskopie

In ihrem neuen Projekt, das durch einen Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) mit 3,1 Millionen Euro gefördert wird, verfolgen Baum und sein Team das Ziel, neuartige Elektronenmikroskope zu entwickeln, die die bisherigen Einschränkungen überwinden sollen. Dabei setzen sie gezielt erzeugte Sequenzen und räumliche Muster ultrakurzer Elektronenimpulse ein. „Wir werden mehrere Elektronen mithilfe speziell designter Laserimpulse erzeugen und anschließend mittels Terahertzstrahlung in ihren räumlichen und zeitlichen Eigenschaften kontrollieren, um Korrelationsmessungen vorzunehmen“, erklärt Baum einige der technischen Ideen.

Durch diese innovativen Ansätze kann auf dem zu untersuchenden Objekt eine nahezu frei kontrollierte Abfrage der zeitlichen Abläufe von Prozessen erfolgen. Dies eröffnet die Möglichkeit, die Bewegungen von Atomen und Elektronen umfassender als bisher zu beobachten und auch Prozesse sichtbar zu machen, die zuvor unerreichbar waren. Baum gibt einen Ausblick: „Mit diesen neuen Möglichkeiten wollen wir tiefere Einblicke in die grundlegenden Mechanismen gewinnen, die Materialeigenschaften und -übergänge auf atomarer Ebene bestimmen, und so Fortschritte in der Nanotechnologie, der Optik, den Materialwissenschaften und der Quantenphysik erzielen.“

Quelle

Universität Konstanz (06/2025)

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