Forschende des Fraunhofer FEP erforschen eine bahnbrechende, chemikalienfreie Alternative zu herkömmlichen Desinfektionsmitteln: Plasmaaktiviertes Wasser. Diese innovative Lösung basiert auf einer Technologie zur Herstellung von plasmabehandelten Flüssigkeiten (PBF). Dabei werden Atmosphärendruck-Plasmaquellen genutzt, um Flüssigkeiten zu behandeln, wodurch reaktive Sauerstoff- und Stickstoffspezies entstehen. Diese Spezies sind der Schlüssel zur desinfizierenden Wirkung.
In einer aktuellen Studie wurde die Eignung von PBF als Oberflächendesinfektionsmittel untersucht. Die Forschungsergebnisse sind vielversprechend, da sie eine gute antimikrobielle Wirksamkeit gegen Keime wie E.\ coli belegen. Ein besonderer Vorteil ist die Langlebigkeit: Die innovative Lösung bleibt über 300 Tage (über 10 Monate) aktiv, was ihre Anwendung für die Pharmazie, die Lebensmittelindustrie und die Landwirtschaft besonders attraktiv macht. „Das plasmaaktivierte Wasser kann vorab behandelt und dann zum Einsatzort transportiert werden, ohne dass Plasmaquellen oder andere Behandlungsgeräte vor Ort benötigt werden“, erläutert Linda Steinhäußer, Hauptautorin der Studie des Fraunhofer FEP.
Vergleich verschiedener Plasma-Verfahren
Im Rahmen der Forschung wurden zwei Plasma-Verfahren verglichen: die Bogenentladung und die dielektrische Barriere-Entladung. Dabei zeigte die Bogenentladung eine signifikant höhere Effizienz und wies eine bis zu 4-fach höhere antimikrobielle Wirksamkeit auf. Die Tests mit dem Modellorganismus E.\ coli belegten eine Keimreduktion von bis zu 4 log-Stufen (entspricht 99,99% Reduktion). Die genaue Wirksamkeit ist dabei abhängig vom Material, der Einwirkzeit und dem verwendeten Volumen der plasmabehandelten Flüssigkeit (PBF).
Vielseitige Anwendungsmöglichkeiten
Aufgrund ihrer chemikalienfreien Natur und Wirksamkeit eignen sich die plasmabehandelten Flüssigkeiten (PBF) für eine Vielzahl von Branchen:
- Pharmazie und Reinräume: Hier bieten sie eine chemikalienfreie Desinfektion unter sterilen Bedingungen.
- Lebensmittelindustrie: Sie können in Cleaning-in-Place (CIP)-Verfahren eingesetzt werden, beispielsweise zur Reinigung von Milchtanks und ähnlichen Industrieanlagen.
- Landwirtschaft: Durch die enthaltenen Stickstoffspezies besteht das Potenzial, PBF sowohl als Desinfektions- als auch als Düngemittel zu nutzen.
Materialabhängige Wirksamkeit nachgewiesen
Die vorliegende Studie liefert erstmals eine Dokumentation der materialabhängigen antimikrobiellen Wirksamkeit des plasmaaktivierten Wassers. Zu diesem Zweck wurden Polymeroberflächen (speziell ABS und PVC) vergleichend mit Edelstahloberflächen untersucht. Diese gewonnenen Erkenntnisse sind von hoher Relevanz für industrielle Anwendungen, da sie eine gezielte Optimierung der Desinfektionsverfahren für verschiedene Oberflächenmaterialien und spezifische Einsatzszenarien ermöglichen.
Lagerstabilität untersucht
„Die physikalisch-chemischen Parameter zeigen eine Haltbarkeit von über 300 Tagen bei längeren Plasma-Behandlungszeiten“, so Steinhäußer. Während die Langzeitstabilität der physikalisch-chemischen Parameter nachgewiesen ist, wird die Korrelation mit der Desinfektionswirkung noch untersucht. Das Fraunhofer-Team arbeitet bereits mit Partnern aus der Pharmaindustrie zusammen und ist offen für weitere Kooperationen.
Quelle
Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP (10/2025)