Archäometrischer Durchbruch: Lokales Kupfer, importiertes Zinn

22. September 2025

Ein internationales Forschungsteam hat das Rätsel um die Herkunft des Metalls gelöst, aus dem die berühmten sardischen Bronzefiguren – die sogenannten Bronzetti – gefertigt wurden. Durch einen innovativen Multi-Proxy-Ansatz, bei dem erstmals Osmium-Isotope zur Herkunftsbestimmung eingesetzt wurden, konnten die Wissenschaftler präzise nachweisen, woher die Rohstoffe stammen. Die Analyse ergab, dass das zur Bronzeherstellung verwendete Kupfer mehrheitlich aus Sardinien selbst stammte. Im Gegensatz dazu musste man das benötigte Zinn aus entfernten Regionen importieren, hauptsächlich von der Iberischen Halbinsel. Diese Erkenntnisse gewähren faszinierende Einblicke in die Handelsnetzwerke und die Metallverarbeitung der Nuraghenkultur in der späten Bronzezeit.

An diesem Projekt, das vom dänischen Augustinus Fonden gefördert wurde und den Namen „Metals & Giants“ trägt, war ein internationales Team von Forschenden beteiligt. Geleitet wurde die Initiative von Helle Vandkilde, Mads Holst und Gianfranca Salis. Zu den beteiligten Institutionen gehörten die Universität Aarhus, das Moesgaard Museum (beide Dänemark), das Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie in Mannheim sowie die Archäologische Aufsichtsbehörde Südsardiniens.

Präzise Analysen durch neue Isotopenmethoden

Im Zentrum der Untersuchung standen die kleinen Bronzestatuetten, die in zahlreichen Heiligtümern auf Sardinien entdeckt wurden. Das Forschungsteam nutzte eine innovative Methode, um die Herkunft des Kupfers zu bestimmen: den sogenannten Multi-Proxy-Ansatz, der am Curt-Engelhorn-Zentrum entwickelt wurde. Bei diesem Verfahren werden verschiedene Isotopensysteme – darunter Kupfer, Zinn, Blei und erstmals Osmium – kombiniert, was eine deutlich präzisere Unterscheidung der Metallquellen ermöglicht.

Die Ergebnisse zeigten, dass man für die Herstellung der Bronzetti hauptsächlich Kupfer aus sardischen Vorkommen verwendet hatte, das gelegentlich mit Metall von der Iberischen Halbinsel vermischt war. Dagegen wurde kein Kupfer aus dem Nahen Osten, wie etwa aus den Minen von Timna (Israel) oder Faynan (Jordanien), gefunden. Erst die Analyse der Osmium-Isotope machte diese präzise Unterscheidung möglich, da herkömmliche Methoden dafür nicht ausreichten.

Überregionale Standards und internationale Handelswege

Auch ein Blick auf drei bedeutende Kultstätten der Nuraghenkultur zeigte: Trotz räumlicher Entfernung nutzten alle diese Heiligtümer Metall auf sehr ähnliche Weise. Es scheint also, dass überregionale Standards in der Herstellung der Bronzetti bestanden. Eine weitere Erkenntnis überrascht: Obwohl Sardinien reich an Kupfer, Zinn und Blei ist, wurde für die Bronzetti nur das Kupfer lokal bezogen. Das zur Bronzeherstellung nötige Zinn stammte nicht aus sardischen Lagerstätten. Die Isotopensignaturen und chemische Zusammensetzung deuten darauf hin, dass vor allem Zinn aus der Iberischen Halbinsel importiert wurde.

Die Studie von Daniel Berger und seinen Mitautoren zeigt eindrucksvoll, wie moderne naturwissenschaftliche Methoden helfen können, die Handelsbeziehungen und Produktionsweisen vergangener Kulturen zu rekonstruieren – und dass Sardinien zur Bronzezeit Teil eines weitreichenden Netzwerks war.

Quelle

Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie gGmbH (09/2025)

Publikation

Multiproxy analysis unwraps origin and fabrication biographies of Sardinian figurines: On the trail of metal-driven interaction and mixing practices in the early first millennium BCE
https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0328268

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