Borophen lenkt Licht im Nanomaßstab

20. August 2025

Forschende der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) haben nachgewiesen, dass Borophen, ein Metall, das nur aus einer einzigen Atomlage besteht, Licht gezielt in seiner Ebene lenken und auf engstem Raum bündeln kann. Dieser Effekt tritt sogar bei sichtbaren Wellenlängen auf. Diese Fähigkeit könnte Borophen, das erst seit weniger als zehn Jahren bekannt ist, zu einer idealen Plattform für neuartige Licht-Materie-Wechselwirkungen machen. Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass Borophen nicht nur von Elektronenmikroskopen erforscht wird, sondern in Zukunft selbst zu einem Bestandteil von Mikroskopen und anderen optischen Systemen werden könnte. Dies eröffnet spannende Perspektiven für die Entwicklung kompakterer und präziserer optischer Bauteile.

So entstehen die besonderen Lichtwellen

Die Grundlage für diesen Effekt ist eine besondere Wechselwirkung zwischen Licht und Elektronen. Dabei verbinden sich Lichtwellen im Material mit den Plasmonen – kollektiven Schwingungen der Elektronen – und erzeugen so eine „Hybridwelle“ aus Licht und Materie. Im Borophen entsteht dabei eine spezielle Form, die sogenannten hyperbolischen Polaritonen. Diese breiten sich, ähnlich wie Autos auf einer Straße mit unterschiedlichen Geschwindigkeitsbegrenzungen, je nach Richtung unterschiedlich schnell und stark aus.

Diese Richtungsabhängigkeit, in der Wissenschaft als Anisotropie bezeichnet, wird durch die einzigartige atomare Struktur von Borophen erzeugt. Sie zwingt die Elektronen in bevorzugte Bahnen und ermöglicht es, Licht extrem zu bündeln und unterhalb der sogenannten Beugungsgrenze zu steuern. Das bedeutet, dass das Licht feiner gelenkt werden kann, als es normalerweise möglich wäre. Dies ist ein entscheidender Vorteil für die Entwicklung immer kleinerer und präziserer optischer Systeme. Um diesen Effekt nachzuweisen, hat das Forschungsteam das Borophen in einem Elektronenmikroskop mit Elektronenstrahlen angeregt und das dabei entstandene Licht mit einer Genauigkeit im Nanometerbereich analysiert.

Borophen reiht sich in seltene Materialgruppe ein

Während hyperbolische Polaritonen bereits in Materialien nachgewiesen wurden, die im Infrarot- oder Terahertz-Bereich aktiv sind, wirkt Borophen im sichtbaren Spektrum. Dies eröffnet völlig neue Möglichkeiten für die Nanophotonik. „Borophen ist metallisch, atomar dünn und von Natur aus anisotrop“, sagt Professorin Nahid Talebi vom Institut für Experimentelle und Angewandte Physik der CAU, die die Studie gemeinsam mit Gastwissenschaftler Professor Yaser Abdi leitete. „Diese Eigenschaften machen es zu einer völlig neuen Plattform, um sichtbares Licht im Nanomaßstab zu führen. Wir können die Lichtausbreitung auf Weisen kontrollieren, die mit anderen Materialien bisher nicht möglich waren.“

Diese Arbeit schafft die Grundlage für zukünftige Technologien. So könnten besonders kompakte photonische Bauelemente, hochempfindliche optische Sensoren und Mikroskopieverfahren, die über die klassische Auflösungsgrenze hinausgehen, entwickelt werden. Da Borophen im sichtbaren Bereich funktioniert, ist es zudem mit den Wellenlängen vieler Quantenkommunikationssysteme kompatibel.

Quelle

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) (08/2025)

Publikation

Talebi, Nahid, et al. „2D Borophene: In-Plane Hyperbolic Polaritons in the Visible Spectral Range.” Advanced Functional Materials, 2025. https://doi.org/10.1002/adfm.202513016

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