Am Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) hat ein Team mit einer zerstörungsfreien Methode zum ersten Mal Lithium-Schwefel-Batterien (Li-S-Batterien) im praktischen Pouchzellenformat untersucht, die besonders wenig Elektrolyt-Flüssigkeit enthalten. Mithilfe der operando Neutronentomographie konnten sie in Echtzeit visualisieren, wie sich der flüssige Elektrolyt während des Ladens und Entladens verteilt und die Elektroden benetzt. Diese Erkenntnisse geben wertvolle Einblicke in die Mechanismen, die zum Versagen der Batterie führen können, und sind entscheidend für die Entwicklung kompakter Li-S-Batterien mit hoher Energiedichte.
Li-S-Batterien gelten als vielversprechende Batterietechnologie der nächsten Generation, da sie eine extrem hohe gravimetrische Energiedichte erreichen können (über 700 Wh/kg, im Vergleich zu etwa 250 Wh/kg bei den besten Lithium-Ionen-Batterien). Dies macht sie attraktiv für Anwendungen in der Luft- und Raumfahrt, Robotik und Elektromobilität. Zudem ist Schwefel reichlich vorhanden und eine überzeugende Alternative zu kritischen Metallen wie Kobalt und Nickel, die in Lithium-Ionen-Batterien verwendet werden.
Neues Verfahren ermöglicht Einblicke in die Benetzung von Lithium-Schwefel-Batterien
Die praktische Energiedichte von Li-S-Batterien wird jedoch durch inaktive Materialien wie den Elektrolyten begrenzt. Um die Energiedichte zu erhöhen, muss die Elektrolytmenge reduziert werden. Je weniger Elektrolyt vorhanden ist, desto schwieriger wird es jedoch, die Elektroden vollständig zu benetzen. Eine unvollständige Benetzung beeinträchtigt aber die elektrochemischen Prozesse, was zu einer schnelleren Alterung oder sogar zum Ausfall der Batterie führen kann. „Es kommt entscheidend darauf an, wie der Elektrolyt die Elektroden benetzt, in ihre Poren eindringt und sich in den Li-S-Zellen verteilt. Aufgrund der geschlossenen Bauweise der Batterien ist es jedoch äußerst schwierig, dies zerstörungsfrei zu beobachten“, sagt die HZB-Chemikerin Prof. Dr. Yan Lu, die die Studie geleitet hat.
Um die dynamische Benetzung in den Li-S-Batteriesystemen während des Ladens und Entladens zu untersuchen, nutzte das Team um Yan Lu die zerstörungsfreie Methode der Neutronentomographie. Hierfür stellten sie zunächst mehrschichtige Li-S-Pouch-Zellen mit geringem Elektrolytanteil unter realitätsnahen, industrierelevanten Bedingungen her.
Anschließend untersuchten Dr. Ingo Manke und Dr. Nikolay Kardjilov von der Bildgebungsgruppe des HZB diese Proben am Institut Laue-Langevin in Grenoble mit Neutronen. Dadurch konnten sie leichte Elemente wie Lithium und Wasserstoff mit höchster Präzision lokalisieren und so die Verteilung des Elektrolyten in der Batterie nachvollziehen.
„So konnten wir erstmals in Echtzeit beobachten, wie sich der flüssige Elektrolyt verhält und wie sich die Benetzung in den verschiedenen Schichten einer Pouch-Zelle im Laufe der Zeit lokal verändert. Wir haben daraus einige interessante Erkenntnisse gewonnen“, sagt Yan Lu. In den Ruhephasen der Batterie, insbesondere zu Beginn, bildeten sich unbenetzte Bereiche, die sich nur langsam mit Elektrolyt füllten. Zwar verbesserte die Ruhezeit die Benetzung, aber eine längere Ruhephase hatte nur noch einen minimalen Effekt auf die Gesamtbenetzung.
Die eigentlichen Lade- und Entladevorgänge hingegen verbesserten die Homogenität des Elektrolyten deutlich. Dies förderte die elektrochemische Aktivierung des Schwefels, was wiederum die Kapazität der Batterien erhöhte. Das Forschungsteam konnte dabei zum ersten Mal periodische Benetzungsprozesse des Elektrolyten beobachten, die mit der Auflösung und Ausfällung von Schwefelverbindungen zusammenhängen. „Das dynamische Benetzungsverhalten des Elektrolyten unterscheidet sich aufgrund der besonderen Chemie von Li-S-Systemen deutlich von dem herkömmlicher Li-Ionen-Batterien“, sagt Dr. Liqiang Lu, Postdoktorand im Team von Yan Lu und Erstautor der Veröffentlichung.
„Dies ist ein wichtiger Beitrag zum Verständnis der Mechanismen, die zur schnellen Alterung und zum Versagen solcher Systeme führen. Diese Erkenntnisse werden dazu beitragen, die Energiedichte von Li-S-Batterien zu erhöhen und gleichzeitig ihre Lebensdauer zu erhalten“, sagt Yan Lu.
Quelle
Max-Planck-Institut für Kernphysik (08/2025)
Publikation
Advanced Energy Materials (2025): Visualising the dynamic wetting and redistribution of electrolyte in lean-electrolyte lithium-sulphur pouch cells via operando neutron imaging
Liqiang Lu, Nikolay Kardjilov, Xiangqi Meng, Kang Dong, Yaolin Xu, Qingping Wu, Alessandro Tengattini, Lukas Helfen, Jin Yang, Yan Guo, Moritz Exner, Ingo Manke, Yan Lu.
DOI: 10.1002/aenm.202501324 https://doi.org/10.1002/aenm.202501324