Neue Entdeckung in der Enzymforschung: Wasser als Schlüssel zur Aktivität

11. August 2025

Forschende der Universität Greifswald haben eine bedeutende Entdeckung bei Enzymen gemacht, die für die Verarbeitung von Zuckermolekülen zuständig sind. Sie identifizierten ein präzise eingebundenes Wassermolekül, das eine entscheidende Rolle in der Funktion dieser Biokatalysatoren spielt. Diese Erkenntnis könnte künftig dazu beitragen, Biokatalysatoren für industrielle Anwendungen wie die Lebensmittelverarbeitung oder die Produktion von Biokraftstoffen gezielter zu entwickeln.

Die Rolle der Kohlenhydrat-Esterasen

Die Forscher, unter der Leitung von Professor Uwe Bornscheuer vom Institut für Biochemie, konzentrierten sich auf eine Gruppe von Biokatalysatoren namens Kohlenhydrat-Esterasen. Diese Enzyme verändern komplexe Zuckerstrukturen, indem sie bestimmte chemische Gruppen abspalten. Dadurch beeinflussen sie, wie effizient andere Enzyme diese Zucker weiterverarbeiten können.

Mithilfe der Röntgenkristallographie gelang es den Wissenschaftlern, die vollständige Struktur von zwei Vertretern der Enzymfamilie CE20 – Fl8CE20_II und PpCE20_II – zu entschlüsseln. Diese Arbeit wurde im Rahmen der DFG-Forschungsgruppe POMPU und in Kooperation mit brasilianischen Wissenschaftlern durchgeführt. Bei der Analyse stießen die Forscher im aktiven Zentrum der Enzyme, dem Bereich, in dem die chemische Reaktion stattfindet, auf eine unerwartete Besonderheit. „Normalerweise besteht dieses Zentrum aus drei genau platzierten Aminosäuren, die zusammenarbeiten – eine sogenannte ‚katalytische Triade‘. In den untersuchten Enzymen fehlte jedoch ein entscheidender Bestandteil: Statt einer direkt beteiligten Aminosäure haben wir ein präzise eingebundenes Wassermolekül identifiziert, das die Funktion übernehmen kann“, erklärt Michelle Teune, Doktorandin an der Universität Greifswald.

Wassermolekül steuert Enzymaktivität

Durch gezielte Experimente konnten die Forschenden die neu entdeckte Struktur, eine sogenannte „wasservermittelte katalytische Triade“, bestätigen. Bei der Untersuchung verschiedener Enzym-Mutanten stellten sie fest, dass das Wassermolekül eine entscheidende Rolle für die Aktivität der Enzyme spielt, indem es die Reaktion koordiniert. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Wasser hier nicht nur als Lösungsmittel dient, sondern aktiv an der Reaktion beteiligt ist.“ erklärt Prof. Michael Lammers, der als Strukturbiologe am Institut für Biochemie an der Studie beteiligt ist und ergänzt: „Dies ist ein so bislang nicht bekannter Mechanismus, der unser Verständnis von Enzymen fundamental erweitert.“

„Diese Studie zeigt, wie vorteilhaft wissenschaftliche Kooperationen sind und liefert wichtige Grundlagen zum Verständnis von Kohlenhydrat-Esterasen auch für den gerade von der DFG bewilligten Transregio/SFB CONCENTRATE“, so Prof. Dr. Uwe Bornscheuer, leitender Forscher dieses Projektes.

Diese Forschungsergebnisse haben eine doppelte Bedeutung: Sie sind nicht nur für die Grundlagenforschung von Relevanz, sondern eröffnen auch neue Möglichkeiten für praktische Anwendungen. Die Biokatalysatoren könnten dazu genutzt werden, um aus Kohlenhydraten an Land und im Meer auf nachhaltige Weise wertvolle Produkte zu gewinnen. Diese finden dann Einsatz in der Lebensmittelindustrie und der Biotechnologie, beispielsweise bei der Herstellung von Biokraftstoffen.

Quelle

Universität Greifswald (08/2025)

Publikation

Teune, M., Vieira, P.S., Döhler, T. et al. Insights into a water-mediated catalytic triad architecture in CE20 carbohydrate esterases. Nat Commun 16, 7034 (2025). https://doi.org/10.1038/s41467-025-62387-5

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