Mitochondrien sind Zellorganellen, die von einer Doppelmembran umgeben sind. Sie erfüllen nicht nur zahlreiche Aufgaben im Stoffwechsel der Zelle, sondern spielen auch eine zentrale Rolle bei der Signalintegration in der Zelle, was für die Krebsentstehung und die Immunantwort von großer Bedeutung ist. Eine Studie der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) unter der Leitung von Prof. Dr. Philipp Lang und Prof. Dr. Andreas Reichert hat gezeigt, dass Veränderungen in der Struktur der mitochondrialen Innenmembran – also der inneren Wand der Mitochondrien – die Vermehrung zahlreicher Viren deutlich verlangsamen können.
Mitochondrien: Prozessoren der Zelle und neue Einblicke in die Virusabwehr
Mitochondrien werden oft als die „Kraftwerke“ der Zelle bezeichnet, obwohl der Begriff „Prozessor“ ihre vielseitigen Funktionen heute präziser beschreibt und sich zunehmend durchsetzt. Neben ihren zahlreichen wichtigen Aufgaben im Zellstoffwechsel spielen Mitochondrien auch eine entscheidende Rolle bei der Signalintegration in die Zelle, was für die Entstehung von Krebs und die Immunantwort von fundamentaler Bedeutung ist. Eine ihrer Hauptaufgaben besteht darin, energiereiche chemische Verbindungen wie Adenosintriphosphat (ATP) – den universellen Energieträger der Zelle – bereitzustellen und zu speichern. Damit diese komplexen Prozesse reibungslos ablaufen können, sind Mitochondrien auf eine spezifische Membranarchitektur ihrer inneren Membran angewiesen, die sogenannten Cristae. Bisher war jedoch kaum verstanden, ob und wie diese Strukturen die Vermehrung verschiedener Viren beeinflussen oder die Immunantwort modulieren.
Mitochondriale Membranstruktur: Neuer Schlüssel im Kampf gegen Viren entdeckt
Eine aktuelle Studie der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat unter der Leitung von Prof. Dr. Philipp Lang (Institut für Molekulare Medizin II) und Prof. Dr. Andreas Reichert (Institut für Biochemie und Molekularbiologie I) einen wichtigen Durchbruch erzielt: Sie konnten nachweisen, dass Veränderungen in der Struktur der mitochondrialen Innenmembran die Vermehrung zahlreicher Viren deutlich verlangsamen. Dies betrifft unter anderem auch das Coronavirus und das Zikavirus.
Die Forschenden beobachteten, dass durch die Gabe von Oligomycin, einem bekannten Inhibitor der ATP-Synthase, die Virusreplikation stark eingeschränkt wurde. Dies wurde jedoch nicht durch die Reduktion der mitochondrialen ATP-Produktion bewirkt, sondern durch eine Veränderung der Struktur der Innenmembran der Mitochondrien. „Diese Ergebnisse zeigen, wie wichtig die Verbindung zwischen mitochondrialer Membranstruktur, Immunmetabolismus und anti-viraler Immunität ist“, meint Prof. Lang. Auch die Entfernung einer zentralen Untereinheit des Proteinkomplexes „Mitochondrial Contact Site and Cristae Organizing System“ (MICOS), dem MIC60, die essentiell für die Ausbildung einer normalen Membranstruktur in Mitochondrien ist, führte zu einer reduzierten Virusvermehrung. Dies wurde sowohl in Zellkulturen als auch in einem Mausmodell, in dem MIC60 in dendritischen Zellen gelöscht wurde, nachgewiesen. In weiteren Experimenten konnte gezeigt werden, dass diese Veränderungen auch Auswirkungen auf den Immunmetabolismus haben und zum Beispiel der antivirale Immunmetabolit Itaconsäure vermehrt produziert wird. „Dieses Wissen ist von großer medizinischer Bedeutung für das Verständnisses unseres Immunsystems und könnte langfristig der Entwicklung von neuen antiviralen Therapien dienen.“ so Prof. Reichert.
Quelle
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (07/2025)
Publikation
I. Katahira, N. Liebrand, M. Gorzkiewicz, N. P. Klahm, D. Abromavičiūtė, J. Werner, K. S. Krings, S. Orywol, T. Lautwein, K. Köhrer, D. Herebian, E. Mayatepek, M. Anstütz, A. K. Bergmann, A. K. Kondadi, H. C. Xu, a. A. Pandyra, T. Kobayashi, D. Brenner, T. Floss, U. Kalinke, A. S. Reichert, P. A. Lang. Cell Reports, 115922, 2025
DOI: 10.1016/j.celrep.2025.115922
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40628273/