Mithilfe präziser optischer Spektroskopie hat ein Forschungsteam der TU Darmstadt den Ladungsradius des stabilen Kohlenstoffisotops 13C wesentlich genauer bestimmt als bisher. Die elektrische Kraft zwischen Elektronen und Atomkernen ermöglicht die Bestimmung des mittleren Radius der Ladungsverteilung eines Atomkerns, den sogenannten Kernladungsradius. Dies ist die genaueste Größenangabe, die für einen Atomkern erzielt werden kann.
Während die Kerngröße direkt aus der Winkelverteilung von Elektronen bestimmt werden kann, die mit hoher Energie auf einen Kern geschossen werden, eignen sich präzise Messungen einer Spektrallinie in verschiedenen Isotopen besonders zur Bestimmung der Differenzen der zugehörigen Ladungsradien. Forschende der TU Darmstadt haben diese Methode nun erstmals genutzt, um den Größenunterschied der stabilen Kohlenstoffisotope 12C und 13C zu bestimmen. Dadurch konnte die Kenntnis des Ladungsradius von 13C im Vergleich zur direkten Elektronenstreuung um den Faktor sechs verbessert werden. Die erzielten Ergebnisse wurden anschließend mit neuen theoretischen Berechnungen verglichen, die auf modernen Zwei- und Dreiteilchen-Wechselwirkungen zwischen Neutronen und Protonen im Atomkern basieren.
Neue Einblicke in die Kerngröße von Kohlenstoff und die Diskrepanzen der Atomkernmessung
Die Bestimmung des Ladungsradius von Atomkernen erfolgt hauptsächlich durch die Streuung von Elektronen am Kern und die Spektroskopie gewöhnlicher oder myonischer Atome. Bei myonischen Atomen ist ein Myon an den Kern gebunden; da Myonen eine größere Masse haben, halten sie sich deutlich näher am Kern auf als Elektronen.
In letzter Zeit gab es bei diesen präzisen Messmethoden Abweichungen in den ermittelten Radien, besonders auffällig beim Proton. Diese Diskrepanzen konnten größtenteils geklärt werden, jedoch weichen einige Messungen immer noch vom akzeptierten Wert ab. Auch bei den Helium-Isotopen 3He und 4He gab es Widersprüche zwischen myonischen und gewöhnlichen Atommessungen.
Für Elemente von Lithium bis Neon fehlen bisher vergleichbar präzise Messungen, mit einer Ausnahme: Kohlenstoff. Die Ladungsradien der Isotope 12C und 13C wurden sowohl mittels Elektronenstreuung als auch mit myonischen Atomen sehr genau bestimmt. Dabei zeigte sich eine geringe Abweichung für den Radius von 12C, während die Ergebnisse für 13C innerhalb der Messtoleranzen übereinstimmten.
Präzisere Bestimmung des Ladungsradius von 13C durch Laserspektroskopie
Ein Forschungsteam der TU Darmstadt hat in einer aktuellen Studie präzise laserspektroskopische Messungen an heliumartigen Kohlenstoffionen (12C4+ und 13C4+) durchgeführt. Durch die Analyse der Übergangsenergien konnten sie die Differenz der Ladungsradien zwischen den Isotopen 12C und 13C genau bestimmen.
Dieses Ergebnis wurde mit dem bekannten Ladungsradius von 12C aus der Elektronenstreuung kombiniert, um einen sechsfach genaueren Wert für den Ladungsradius von 13C zu erhalten als bisherige direkte Elektronenstreuungsmessungen. Interessanterweise weicht dieser neue Wert von dem Ergebnis ab, das aus Messungen an myonischem 13C gewonnen wurde. Die Größe dieser Abweichung ist mit der bereits bei 12C festgestellten vergleichbar. Die neue laserspektroskopische Messung der Ladungsradiendifferenz stimmt jedoch mit der Differenz der beiden myonischen Messungen an 12C und 13C überein.
Ladungsradius von 13C präzisiert – Rätsel der Abweichung bleibt
„Im Vergleich zu unseren früheren Messungen an 12C4+, mussten bei 13C aufgrund der hier auftretenden Hyperfeinstruktur deutlich mehr Resonanzlinien gemessen werden, die sich überdies noch durch quantenphysikalische Prozesse stark gegenseitig beeinflussen. Dies führt zu Verschiebungen der Linien, die in einem Fall etwa 1.000-mal größer waren als die angestrebte Genauigkeit und sorgfältig aus den Messungen eliminiert werden mussten,“ erläutert Dr. Patrick Müller, Erstautor der Studie, der die Messungen und deren Auswertungen im Rahmen seiner Doktorarbeit durchführte.
Es ist gelungen, die Unsicherheit des Ladungsradius von 13C durch die Kombination von Differenzmessungen mit Elektronenstreudaten von 12C um den Faktor sechs zu reduzieren. Dennoch zeigt das Ergebnis für 13C eine ähnliche Abweichung zum myonisch gemessenen Ladungsradius wie beim Isotop 12C. Die Ursache für diese Diskrepanz ist derzeit noch unklar und wird in zukünftigen Untersuchungen genauer erforscht werden.
Theoretische Berechnungen
Zusätzlich zu den den experimentellen Messungen präsentiert das Team in der Studie auch theoretische Berechnungen der Ladungsradien mit modernsten ab initio Methoden. „Alle unsere Berechnungen ergeben einen kleineren Ladungsradius für 13C als für 12C, wie es auch im Experiment beobachtet wird,“ erklärt Dr. Matthias Heinz, der im Rahmen seiner Doktorarbeit die theoretischen Berechnungen ausgeführt hat. „Sie überschätzen jedoch das ‚Schrumpfen‘ des Ladungsradius durch das Hinzufügen des Neutrons.“ Da dies für alle verwendeten Wechselwirkungspotentiale beobachtet wird, ist davon auszugehen, dass die Ursache in fehlenden Beiträgen der Vielkörper-Korrelationen zu suchen ist. Die gemessene Differenz der Ladungsradien stellt daher einen wichtigen Referenzpunkt für die Verbesserung der ab initio Methoden dar.
Quelle
Technische Universität Darmstadt (07/2025)
Publikation
Patrick Müller, Matthias Heinz, Phillip Imgram, Kristian König, Bernhard Maass, Takayuki Miyagi, Wilfried Nörtershäuser, Robert Roth & Achim Schwenk: The nuclear charge radius of 13C in: Nature Communications, volume 16, Article number: 6234 (2025)
DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-025-60280-9