Eisstrukturen im All entschlüsseln

8. Juli 2025

Ein Forschungsteam der Universität Innsbruck hat eine bahnbrechende Methode entwickelt, um die Struktur von Eis auf fernen Himmelskörpern zu analysieren. Die aktuelle Studie zeigt, dass sich Eisphasen mit geordneten und ungeordneten Wasserstoffatomen mithilfe der Nahinfrarot-Spektroskopie unterscheiden lassen. Diese Technik ist besonders vielversprechend, da sie sich gut für Beobachtungen im Weltraum eignet.

Die bahnbrechende Studie der Arbeitsgruppe um Thomas Lörting liefert ein völlig neues Werkzeug für die Untersuchung von eisreichen Himmelskörpern, wie den Monden des Jupiters oder Saturns. Die bemerkenswerte Fähigkeit, die Ordnung der Wassermoleküle im Eis zu erkennen, eröffnet dabei tiefgreifende neue Einblicke in die physikalischen Eigenschaften und die geologische Entwicklung dieser fernen Welten.“Unsere Arbeit zeigt, dass die Nahinfrarot-Spektroskopie eine verlässliche Methode ist, um die Struktur von Wassereis aus der Ferne zu analysieren“, erklärt Thomas Lörting vom Institut für Physikalische Chemie der Universität Innsbruck. „Dies ist ein wichtiger Fortschritt, da die für die Untersuchungen im Labor bisher genutzten Methoden wie Neutronenbeugung oder Raman-Spektroskopie für die Fernerkundung nicht geeignet sind.“

Eis als Schlüssel zur Erforschung des Sonnensystems

Gefrorenes Wasser ist ein zentraler Bestandteil vieler Himmelskörper und ein entscheidender Indikator bei der Suche nach außerirdischem Leben. Doch die Struktur von Wassereis ist komplex: Es sind über 20 kristalline Formen bekannt, die sich durch die Anordnung ihrer Sauerstoff- und Wasserstoffatome unterscheiden. Wenn Wasser gefriert und kristallisiert, ordnen sich die Sauerstoffatome in einem regelmäßigen Muster an, während die Ausrichtung der Wasserstoffatome zunächst ungeordnet bleibt. Bei sinkenden Temperaturen richten sich jedoch die Wasserdipole aus. Diese feine Veränderung hat tiefgreifende Auswirkungen auf die mechanischen und dielektrischen Eigenschaften des Eises.

Die Innsbrucker Forscher um Thomas Lörting konzentrierten sich in ihrer aktuellen Studie auf die hochdruckstabilen Eisphasen V und XIII. Diese dienten als Modelle für geordnete und ungeordnete Wasserstoffstrukturen. Mit der Unterstützung von Christian Huck, einem Spezialisten für Nahinfrarot-Spektroskopie vom Institut für Analytische Chemie und Radiochemie, konnten sie nachweisen, dass die Wasserstoffordnung durch spezifische Schwingungssignaturen im Spektrum detektierbar ist. „Die Unterscheidung zwischen geordnetem und ungeordnetem Eis liefert wertvolle Informationen über die Temperatur- und Druckbedingungen, unter denen das Eis entstanden ist“, erklärt die Erstautorin der Studie, Christina M. Tonauer. „Dies kann uns helfen, die thermische und geologische Entwicklung von Himmelskörpern wie Ganymed oder Europa besser zu verstehen.“

Anwendung in zukünftigen Weltraummissionen

Die Ergebnisse der aktuellen Studie sind von großer Bedeutung für aktuelle und zukünftige Weltraummissionen. Instrumente an Bord der ESA-Raumsonde JUICE (Jupiter Icy Moons Explorer), die 2031 den Jupiter erreichen wird, oder des James-Webb-Weltraumteleskops (JWST) könnten die neu gewonnenen spektralen Referenzdaten nutzen. So ließen sich die Eisphasen auf den Oberflächen von Monden wie Ganymed oder Europa identifizieren. „Unsere Arbeit legt den Grundstein für die Analyse von Eisphasen in Weltraumbeobachtungsdaten“, sagt Thomas Lörting.

Das Forschungsteam plant, seine spektralen Daten in zukünftigen Studien zu erweitern, um einen breiteren Temperatur- und Druckbereich abzudecken. Dies soll die Modellierung von Teleskopdaten verbessern und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, verschiedene Eisphasen in unterschiedlichen astrophysikalischen Umgebungen zu identifizieren.

Einblicke in die innere Dynamik von Himmelskörpern

Die Identifizierung von Eisphasen auf fernen Himmelskörpern könnte nicht nur Aufschluss über die Oberflächenbedingungen geben, sondern auch interne Prozesse wie Kryovulkanismus oder tektonische Aktivität beleuchten. Zudem könnten so der Zwiebelschalenaufbau vieler eisiger Monde und die Tiefe, aus der Hochdruckeisformen an die Oberfläche gelangen, zugänglich werden. „Die Charakterisierung von Oberflächeneis bietet uns auch ein Fenster in die inneren Dynamiken dieser Welten“, betont Lörting.

Quelle

Universität Innsbruck (07/2025)

Publikation

Near-Infrared Spectroscopic Sensing of Hydrogen Order in Ice XIII. Christina M. Tonauer, Eva-Maria Köck, Raphael Henn, Christoph Kappacher, Christian W. Huck, and Thomas Loerting. Phys. Rev. Lett. 2025 DOI: https://doi.org/10.1103/x2ph-yp2v

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