Radioaktives Cäsium: Maßvoller Verzehr von Wildpilzen ist unbedenklich

19. September 2025

Im Jahr 1986 ereignete sich nahe dem damals sowjetischen Tschornobyl der bis heute schwerste Reaktorunfall. Die dabei freigesetzten radioaktiven Stoffe wurden von Luftströmungen auch nach Deutschland getragen, wo sie bis heute unsichtbare Spuren in der Natur hinterlassen haben. So können zum Beispiel Waldpilze noch immer radioaktives Cäsium-137 enthalten, das sowohl aus dem Reaktorunfall als auch aus oberirdischen Kernwaffentests des 20. Jahrhunderts stammt. Pilzsammler:innen müssen sich deswegen aber keine Sorgen machen. „Wenn man selbst gesammelte Pilze in üblichen Mengen verzehrt, ist das aus Sicht des Strahlenschutzes überall in Deutschland unbedenklich“, sagt die Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), Inge Paulini.

Die Gesamtmenge ist entscheidend

Wer Pilze sammelt, kann vor allem in einigen Gegenden in Süddeutschland noch auf Exemplare stoßen, die über 600 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm enthalten – also über dem Grenzwert für Pilze im Handel liegen. „Weil alle Hauptnahrungsmittel nahezu unbelastet sind, erhöht es die eigene Strahlendosis nur geringfügig, wenn man gelegentlich Pilze mit höheren Cäsium-137-Werten isst“, erläutert die Behördenchefin. Entscheidend sei nicht der einzelne Pilz, sondern die Gesamtmenge an Cäsium-137, die man zu sich nehme.

Pilzbericht ermöglicht informierte Entscheidung

Auch fast 40 Jahre nach dem Reaktorunfall von Tschornobyl sei es wichtig, Transparenz zu schaffen und Interessierten die Grundlage für eine bewusste, informierte Entscheidung zur Verfügung zu stellen, betont Paulini. „Deswegen bieten wir allen, die sich ein eigenes Bild machen und sich genauer informieren möchten, den Pilzbericht des BfS an.“ Laut einem Bericht des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) gibt es deutliche Unterschiede im Cäsium-137-Gehalt bei verschiedenen wildwachsenden Pilzarten. Das BfS untersucht dafür jährlich Pilze aus ausgewählten Regionen, um festzustellen, welche Arten kaum radioaktives Cäsium enthalten und welche höhere Werte aufweisen können. Die Kontamination hängt dabei sowohl von der Pilzart als auch von der spezifischen Belastung des Bodens am jeweiligen Sammelort ab.

Messwerte von unter 5 bis über 2.000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm

In den vergangenen drei Jahren (2022-2024) haben Expert:innen des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) die höchsten Cäsium-137-Werte in Semmelstoppelpilzen, Rotbraunen Semmelstoppelpilzen und Elfenbeinschnecklingen gemessen, wobei einige Werte über 2.000 Becquerel pro Kilogramm Frischmasse lagen. Auch in Trompetenpfifferlingen, Maronenröhrlingen, Seidigen Ritterlingen, Dickblättrigen Schwärztäublingen und Blassblauen Rötelritterlingen wurden Werte von über 1.000 Becquerel pro Kilogramm nachgewiesen.

Dagegen zeigten Pilzarten wie der Braunschuppige Riesenchampignon, der Dunkelfaserige Champignon, der Hasenröhrling, das Judasohr, der Riesenporling und der Stadtchampignon durchweg Messwerte von weniger als 5 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm. Die genauen Werte weiterer Pilzarten sind im aktuellen Pilzbericht auf der Website des BfS unter http://www.bfs.de/pilzbericht abrufbar.

Beispielrechnung

Die zusätzliche Strahlendosis durch den Verzehr selbst gesammelter Pilze lässt sich anhand eines konkreten Beispiels gut abschätzen: Wenn eine erwachsene Person wöchentlich 200 Gramm Maronenröhrlinge isst, die mit 1.400 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm kontaminiert sind – dem höchsten Messwert des BfS zwischen 2022 und 2024 – ergibt das eine zusätzliche Strahlendosis von 0,18 Millisievert pro Jahr. Zum Vergleich: Das entspricht etwas mehr als der Dosis von drei Flügen von Frankfurt am Main nach New York. Neben Radioaktivität können Wildpilze auch Schwermetalle wie Blei, Quecksilber und Cadmium anreichern. Wer regelmäßig Pilze aus der Natur isst, sollte daher aus diesem Grund nicht mehr als 200 bis 250 Gramm pro Woche verzehren.

Kaum Cäsium-137 in Zuchtpilzen

Wildpilze, die innerhalb der EU gehandelt werden, müssen den Grenzwert von 600 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm einhalten. Pilze aus Zuchtbetrieben, wie etwa Champignons, Austernseitlinge und Shiitake, sind in der Regel kaum belastet, da sie auf Substraten wachsen, die so gut wie kein radioaktives Cäsium enthalten.
Cäsium-137 ist ein künstliches, radioaktives Isotop, das bei der Kernspaltung entsteht und eine Halbwertszeit von etwa 30 Jahren hat. Das bedeutet, dass die Menge an Cäsium-137, die sich 1986 nach dem Reaktorunfall in Tschornobyl auf deutschem Boden ablagerte, bis heute bereits um etwa 60 Prozent zerfallen ist.

Quelle

Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) (09/2025)

Publikation

http://www.bfs.de/pilzbericht

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