Immunsystem hält Pilz auf Schleimhaut in Schach

17. Dezember 2025

Obwohl der Hefepilz Candida albicans ein natürlicher Bestandteil des menschlichen Mikrobioms ist und die Schleimhäute meist harmlos besiedelt, birgt er unter bestimmten Bedingungen ein erhebliches Gefahrenpotenzial. Ein Forschungsteam der Universität Zürich hat nun entschlüsselt, wie das Immunsystem den Übergang vom nützlichen Mitbewohner zum gefährlichen Krankheitserreger kontrolliert. Ein entscheidender Mechanismus ist dabei der gezielte Entzug von Zink, wodurch das Pilzwachstum eingedämmt wird.

Normalerweise fördern die Pilze im Mikrobiom die Gesundheit, doch bei einem unkontrollierten Wachstum auf der Mundschleimhaut kann Candida albicans Erkrankungen wie Soor auslösen. Besonders kritisch wird es, wenn der Pilz fadenförmige Hyphen ausbildet. In diesem Zustand ist er in der Lage, in den Blutkreislauf einzudringen und systemische Infektionen zu verursachen, die jährlich für über eine Million Todesfälle weltweit verantwortlich sind. Gefährdet sind vor allem Patienten mit geschwächtem Immunsystem, etwa auf Intensivstationen oder nach Organtransplantationen und Krebstherapien, bei denen die natürliche Abwehrreaktion unterdrückt ist.

Balance zwischen Freund und Feind

Obwohl Candida albicans allgegenwärtig ist, bleibt seine Kontrolle durch den Körper komplex: „Die Mechanismen, welche den Pilz auf unserer Schleimhaut unter Kontrolle halten und eine Infektion verhindern, sind nach wie vor kaum verstanden“, erklärt Salomé LeibundGut-Landmann. Ihr Team untersuchte verschiedene Pilz- und Mausstämme und identifizierte dabei ein präzises Gleichgewicht zwischen dem Pilz, dem Epithel und dem Immunsystem als entscheidenden Schutzfaktor.

Toxin kann auch nützlich sein

Das Team untersuchte die Rolle des Pilz-Toxins Candidalysin, das normalerweise Wirtszellen schädigt. In geringen Mengen dient es dem Pilz jedoch lediglich als „Türöffner“, um sich ohne Verletzung in der Schleimhaut zu verankern. „Die Feinregulierung von Candidalysin entscheidet darüber, ob Candida albicans ein harmloser Besiedler oder ein Krankheitserreger“, erklärt Salomé LeibundGut-Landmann. Während große Mengen des Toxins eine sofortige Entzündungsreaktion des Immunsystems auslösen, ermöglicht eine niedrige Dosis das unbemerkte Überdauern. LeibundGut-Landmann resümiert: „Der Pilz fährt sozusagen mit angezogener Handbremse. Er braucht ein wenig Toxin, aber zu viel davon wird sofort bestraft.“

Ein Pilz auf Entzug

In ihrer zweiten Studie untersuchten die Forschenden den Übergang von Candida albicans zum Krankheitserreger bei geschwächter Abwehr. Im Fokus stand dabei der Immunfaktor Interleukin-17, da Menschen mit einem entsprechenden Gendefekt häufig unter Mundsoor leiden.

Die Ergebnisse belegen, dass die durch Interleukin-17 vermittelte Immunität eine Schlüsselfunktion übernimmt: Sie begrenzt nicht nur die Vermehrung des Pilzes, sondern verhindert auch, dass dieser zu große Mengen des Toxins Candidalysin produziert. Auf diese Weise sorgt der Immunfaktor dafür, dass der Pilz in seinem harmlosen Stadium verharrt und nicht zum Krankheitserreger wird.

Ein Pilz auf Entzug

Dieser Prozess nutzt den Mechanismus der „Nutritional Immunity“: Interleukin-17 entzieht dem Pilz indirekt das lebensnotwendige Zink, wodurch dieser weder aggressive Hyphen noch das Toxin Candidalysin bilden kann. „Interleukin-17 ist wie ein Torwächter, der dafür sorgt, dass Candida albicans harmlos bleibt“, erklärt Salomé LeibundGut-Landmann. Fehlt dieser Schutz, verwandelt sich der Pilz, was zu Gewebeschäden und chronischen Erkrankungen führt.

Schutzfaktor Interleukin-17

Die gewonnenen Erkenntnisse sind von großer medizinischer Relevanz, insbesondere vor dem Hintergrund moderner Immuntherapien. Medikamente, die den Interleukin-17-Immunweg gezielt blockieren, kommen heute erfolgreich bei der Behandlung von Schuppenflechte (Psoriasis) und anderen entzündlichen Erkrankungen zum Einsatz. Da Interleukin-17 jedoch eine zentrale Rolle bei der Kontrolle von Candida albicans spielt, können bei einem Teil bei der Patientinnen und Patienten Nebenwirkungen auftreten. Werden Antikörper gegen den Immunfaktor oder dessen Rezeptor verabreicht, tritt häufig eine mukokutane Candidose auf, die sich unter anderem in Form von Mundsoor äußert.

Quelle

Universität Zürich (12/2025)

Publikation

Frois-Martin R, Lagler J, Schille TB, Elshafee O, Martinez de San Vicente K, Mertens S, Stokmaier M, Kilb I, Sertour N, Bachellier-Bassi S, Mogavero S, Sanglard D, d’Enfert C, Hube B, LeibundGut-Landmann S (2025). Dynamic Expression of the Fungal Toxin Candidalysin Governs Homeostatic Oral Colonization. 25 September 2025. Nature Microbiology. DOI: 10.1038/s41564-025-02122-4
https://www.nature.com/articles/s41564-025-02122-4

Fróis-Martins R, Martinez de San Vicente K, Maufrais C, Mertens S, Sertour N, Sitterlé E, Bougnoux ME, d’Enfert C and LeibundGut-Landmann S (2025). IL-17-mediated antifungal immunity restricts Candida albicans pathogenicity in the oral cavity. 12 December 2025. Nature Microbiology. DOI: 10.1038/s41564-025-02198-y
https://www.nature.com/articles/s41564-025-02198-y

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