Wie eine Grippevirusinfektion das Immunsystem schwächt

12. Dezember 2025

Das Influenzavirus, allgemein bekannt als Grippevirus, kann ein breites Spektrum an Krankheitsverläufen hervorrufen, die von leichten Erkältungssymptomen bis hin zu schweren Lungenentzündungen reichen. Besonders gefährlich ist die Tatsache, dass eine Grippe die Lunge anfälliger für zusätzliche bakterielle Infektionen macht. Diese können ihrerseits eine schwere Lungenentzündung auslösen und in einigen Fällen sogar zu einer lebensbedrohlichen Komplikation, der Sepsis, führen. Der Grund dafür liegt in der Außerkraftsetzung eines wichtigen Abwehrmechanismus in der Lunge durch das Influenzavirus. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Susanne Herold hat nun entschlüsselt, wie dieser Mechanismus funktioniert, und damit einen potenziellen neuen Therapieansatz aufgezeigt.

Grippe schwächt die Lungen-Abwehr

Ein wichtiger Bestandteil der körpereigenen Abwehr in der Lunge sind die sogenannten gewebsresistenten Alveolarmakrophagen. Diese sesshaften „Fresszellen“ stellen eine entscheidende erste Barriere gegen Krankheitserreger dar, da sie genau an der Schnittstelle zwischen der Außenwelt und dem empfindlichen Lungengewebe positioniert sind. Das Tückische ist, dass schwere Infektionen mit dem Influenzavirus häufig zum Absterben dieser schützenden Immunzellen führen.

Die Rolle von Neutrophilen

Das Forschungsteam konnte feststellen, dass bei einer schweren Influenzavirusinfektion bestimmte weiße Blutkörperchen, die sogenannten Neutrophilen, als „Ersthelfer“ des Immunsystems in das Lungengewebe einwandern. Im Zuge dieses Prozesses setzen sie ein spezifisches Molekül frei, das zur Tumornekrosefaktor-Superfamilie (TNFSF) gehört – einer Gruppe von Signalstoffen, die dafür bekannt sind, den Zelltod auszulösen. Die Untersuchungen zeigten, dass, sobald dieses Molekül namens TNFSF14 von den sesshaften „Fresszellen“ (den Alveolarmakrophagen) aufgenommen wird, es deren Absterben verursacht. Dadurch verliert die Lunge einen wesentlichen Schutzmechanismus gegen Krankheitserreger, was den Weg für bakterielle Superinfektionen freimacht – oft mit schwerwiegenden, im Extremfall sogar lebensbedrohlichen Folgen.

Diese neuen Forschungsergebnisse werfen ein wichtiges Licht auf die Bedeutung einer frühzeitigen Intervention. Dazu erklärt die Erstautorin der Studie, Dr. Christina Malainou: „Diese neuen Erkenntnisse verdeutlichen, wie entscheidend es ist, die Immunmechanismen der Lunge bereits in der frühen Phase einer Virusinfektion zu unterstützen.“ Sie weist zudem auf die daraus resultierenden therapeutischen Möglichkeiten hin: „Gleichzeitig weisen sie auf mögliche neue Therapieansätze hin, die gezielt in diesen Prozess eingreifen. Solche Strategien könnten nicht nur bei Influenza-Pneumonien, sondern auch bei anderen schweren Virusinfektionen – einschließlich Covid-19 – von großem Nutzen sein.“

Quelle

Justus-Liebig-Universität Gießen (12/2025)

Publikation

Christina Malainou et al.: TNF Superfamily Member 14 Drives Post-Influenza Depletion of Alveolar Macrophages Enabling Secondary Pneumococcal Pneumonia. J Clin Invest. 2025 Nov 18:e185390. Epub ahead of print. https://doi.org/10.1172/JCI185390

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